09.11.2016

Die Geschichte des Prioritätsstreits zwischen Leibniz und Newton

Thomas Sonar: Die Geschichte des Prioritätsstreits zwischen Leibniz und Newton, Springer Spektrum, Heidelberg 2016, 596 S., Hardcover, 49,99 €, ISBN 9783662488614

Thomas Sonar

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Der Streit um Prioritäten ist in der Wissenschaft keine Seltenheit. Der wohl bekannteste Fall dürfte der Zwist zwischen Gottfried Wilhelm Leibniz und Isaac Newton um die Urheberschaft der Differential- und Integralrechnung sein. Nicht nur, dass sich zwei der größten Wissenschaftler ihrer Zeit regelrecht bekriegten, der Streit überdauerte die beiden und beeinflusste auch die nachfolgenden Generationen.

Im Jahr des 300. Todestags von Leibniz nimmt sich Thomas Sonar, Mathematiker in Braunschweig und ausgewiesener Kenner der Mathematikgeschichte, der Ausein­andersetzung zwischen Newton und Leibniz in einem ebenso ausführlichen wie lesenswerten Buch an, das die Streitigkeiten fundiert in den historischen Kontext einordnet. Dabei wird Sonar dem im Vorwort beschriebenen Anspruch gerecht, nicht nur für Experten zu schreiben, sondern für alle, die sich für die Ursprünge der modernen Mathematik interessieren.

Dazu gehört, dass er im ersten Kapitel kurz die Grundlagen der Differential- und Integralrechnung erläutert. Dabei erklärt er auch den Übergang vom Indivisiblen („Unteilbaren“) der alten Griechen zum Infinitesimalen („beliebig Kleinen“). Der Einstieg in die Historie gelingt elegant entlang des Newton-Zitats „If I have seen further it is by standing on ye sholders of Giants“, indem Sonar die Riesen John Wallis, Isaac Barrow, Blaise Pascal und Christiaan Huygens vorstellt. Anschließend führt er die Kontrahenten Newton (als Physiker) und Leibniz (als Juristen) ein.
Die zentralen sechs Kapitel des fast 600 Seiten starken Werks befassen sich mit Aufflammen und Eskalation des Prioritätsstreits. Dabei präsentiert Sonar auch die Bio­grafien der beiden Protagonisten und bettet alles geschickt ins Zeitgeschehen ein. Dem Autor gelingt es, einen neutralen Blick auf die Ereignisse zu werfen, weil Befürworter und Gegner beider Kontrahenten zu Wort kommen. Den Ausklang bilden zwei Kapitel, welche die ersten Anfechtungen des Leibnizschen Kalküls und der Newtonschen Fluxionsrechnung im frühen 18. Jahrhundert ebenso beschreiben wie die Auswirkungen des Streits auf die Entwicklung der kontinentaleuropäischen und der britischen Mathematik bis ins späte 19. Jahrhundert.

Die zahlreichen, meist farbigen Abbildungen lockern den Text an manch sperriger Stelle sehr schön auf. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis mit mehr als 200 Einträgen regt zum intensiveren Studium an. Abbildungsverzeichnis, Personen- und Sachwortregister runden den Text sinnvoll ab. Wer sich mit zwei bedeutenden Wissenschaftlern des 17. und 18. Jahrhunderts beschäftigen möchte, denen Hybris und Narzissmus nicht fremd waren, dem ist Sonars Monografie wärmstens zu empfehlen.

Kerstin Sonnabend

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