23.11.2006

Die Plancks

Astrid von Pufendorf, Die Plancks, Propyläen Verlag, Berlin 2006, 522 S., geb., 22 €
ISBN 354907277

Astrid von Pufendorf

Der Buchtitel ist einigermaßen irreführend, denn es handelt sich eigentlich um eine Biografie Erwin Plancks, des 1893 geborenen zweiten Sohnes aus Max Plancks erster Ehe. Dieser schlug eine nichtwissenschaftliche Karriere ein, zunächst als Berufssoldat. Den 1. Weltkrieg überlebte er in französischer Gefangenschaft. Nach Kriegsende arbeite er in der innenpolitischen Abteilung der Reichswehr.

1924 wechselte Erwin Planck als Regierungsrat in die Reichskanzlei, wurde 1929 Privatsekretär des Kanzlers Heinrich Brüning und Staatssekretär bei seinen Nachfolgern Franz v. Papen und Kurt v. Schleicher. 1933 von Adolf Hitler in den Ruhestand versetzt, begab er sich auf eine einjährige Weltreise von Genua bis Neuguinea, auch ins kriegsgeschüttelte China und Japan. Zurück in der Heimat musste er die Ermordung seines langjährigen Mentors und Freundes Schleicher erleben, tauchte dann bei Freunden unter und wurde schließlich 1937 vom Großindustriellen Otto Wolf eingestellt. Damals schloss er sich den noch vorsichtig, teilweise in öffentlichen Positionen arbeitenden Regimegegnern (Johannes Popitz, Ulrich v. Hassell und Ludwig Beck) an. Nach dem Beginn des 2. Weltkrieges steigerten sich diese von ihm aktiv geförderten Aktivitäten und führten schließlich zum Umsturzversuch vom 20. Juli 1944.

Erwin Planck wurde am 20. Oktober zum Tode verurteilt, drei Tage später bat der in die Verschwörung nicht eingeweihte Vater bei Hitler um die Begnadigung, aber trotz zahlreicher weiterer Gesuche an einflussreiche Parteigrößen wurde der Sohn am 23. Januar 1945 gehenkt. Der 86-jährige Vater schrieb: „Es wird lange dauern, bis ich wieder ins seelische Gleichgewicht komme. Denn er bildete einen wertvollen Teil meines Lebens. Er war mein Sonnenschein, mein Stolz, meine Hoffnung.“

Die Briefe, die er seit 1898 an Erwin richtete, bilden zusammen mit dessen verschiedenen Tagebüchern wohl die umfangreichste Sammlung von Dokumenten zum privaten Leben der Familie Planck. Sie werfen besonderes Licht auf die Erziehung, die wohlwollenden Ratschläge des Vaters, sein Verständnis für den Berufsweg des Sohnes, seine Freude an dessen Erfolgen und sein Mitgefühl in schwierigen Umständen. Hier bewährten sich Ethik und moralische Prinzipien dieser im wahrsten Sinne edlen bürgerlichen Familie Planck, die auch die dunkelsten Stunden der Naziherrschaft – der Staatssekretär Planck hatte ungewollt selbst zu ihrem Entstehen beigetragen, bevor es sich gegen sie wandte – überdauerten.

Der heutige Physiker, der sich für die großen historischen Gestalten seines Faches interessiert, wird anhand dieses Buchs einen tieferen Einblick in Max Plancks Persönlichkeit erhalten, auch wenn dessen Wissenschaft hier kaum berührt wird. Begrüßenswert wäre es vielleicht gewesen, wenn die Briefe des Vaters von Erwin Planck mehr Raum erhalten hätten. Überhaupt vermissen wir immer noch nicht nur eine umfangreiche Edition des Briefwechsels des neben Einstein zweiten Gründungsvaters der modernen Physik, ja bisher gibt es noch nicht einmal eine angemessene Biografie seines Lebens und Wirkens.

Dr. Helmut Rechenberg,
Werner-Heisenberg-Institut, Max-Planck-Institut für Physik, München


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