29.09.2003

Entanglement . The greatest ­mystery in physics

Aczel

A. D. Aczel
Entanglement . The greatest ­mystery in physics
John Wiley & Sons, Hoboken 2002. XVIII+284 S., Geb., ISBN 0-470-85046-9

Was der Mensch nicht versteht, das zieht ihn an. Schnell wird etwas zum Mysterium erhoben, wenn dessen Erklärung nicht auf der Hand liegt oder sich dem Alltagsverstand gar ganz versperrt. Physiker akzeptieren das nicht so leicht. Sie entwerfen Modelle, bis sie den Gesetzmäßigkeiten auf der Spur sind und das Geheimnis eines Phänomens entschlüsselt haben. Manche finden das dann langweilig. Dabei ist dieses Suchen und Finden der aufregendste Prozess, den man sich denken kann. Amir D. Aczel, Mathematiker aus Boston und Autor populärwissenschaftlicher Bücher, beschreibt diesen Prozess für die Verschränkung, engl. entanglement, mikrophysikalischer Systeme. Verschränkte Quantensysteme spannen den Bogen von absoluten Grundlagenproblemen bis zur Anwendung im Rahmen einer Quanten-Informationstechnologie. Das ist enorm faszinierend, aber 'Entanglement' ist kein bizarres Phänomen und führt auch nicht zu bizarren Effekten wie es der Klappentext des Buches nahe legt. Auch der Untertitel des Buches schießt wohl etwas über das Ziel hinaus.

Dagegen beginnt Aczel das Buch ganz traditionell, vielleicht zu traditionell, mit einer kurzen Geschichte der Physik, insbesondere mit der der Quantenmechanik im zwanzigsten Jahrhundert. Mir dauert das am Anfang zu lange, und ich sehe nicht recht ein, warum ich etwas zu den Galileischen Experimenten lesen muss, wenn mir Verschränkung erklärt werden soll. Auch wenn es dann an die Quantenmechanik geht, holt der Autor sehr weit aus. Um auf quantenmechanische Verschränkung hinzuleiten, muss man nicht zum wiederholten Mal diskutieren, wie sich unser Modell vom Atom entwickelte. Schrödingers Privatleben ist hier ebenfalls eher ­sekundärer Natur und zudem Thema der Biografen. Seine Gleichung dagegen hätte ein paar Zeilen mehr verdient. Die Frage nach Heisenbergs Rolle im Zweiten Weltkrieg liegt zwar momentan im Trend, hat aber mit Verschränkung nichts zu tun. Das gilt auch für den Aharonov-Bohm-Effekt, dessen Darstellung mit Hilfe eines schlecht erklärten Bildes ohnehin eher verwirrt.

Mit dem folgenden Kapitel über John Bells Theorem beginnt das Buch dann aber spannend zu werden. Amir Aczel versteht es, das schwierige Grundlagenproblem Verschränkung mit der Begeisterung und den persönlichen Geschichten der wichtigsten Akteure in diesem Gebiet zu würzen. Er erreicht damit aktuelle Fragen der Verschränkung mehrerer Teilchen und auch Anwendungen in Form der Quanten-Teleportation. Aczel ­lässt viele Informationen aus persönlichen Gesprächen einfließen und kann so ein Stück moderner Wissenschaft sehr lebendig erzählen. Das ist sicher die Stärke des Buches. Die physikalischen Grundzüge verschränkter Quantensysteme treten aber in den Hintergrund. Nimmt man Amir Aczels Buch ohne Vorwissen über Verschränkung in der Quantenmechanik in die Hand, so liest man es vermutlich nicht mit maximalem Gewinn. Das liegt nicht zuletzt auch an den Bildern und den schematischen Erklärungen, die etwas mehr Sorgfalt verdient hätten.
Dr. Matthias Freyberger, Abteilung für Quantenphysik, Universität Ulm

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