Expedition ins Sternenmeer
Harald Zaun (Hrsg.): Expedition ins Sternenmeer, Springer, Heidelberg 2022, zahlr. Abb., geb., 403 S., 27,99 €, ISBN 9783662637296
Harald Zaun (Hrsg.)
Dieses Sachbuch verspricht, „Perspektiven, Chancen und Risiken interstellarer Raumfahrt“ auszuloten und macht zunächst einen gediegenen Eindruck: fest gebunden, schweres Papier und meist farbige Abbildungen. Doch als Grundlage, um sich zumindest in der Vorstellung auf eine interstellare Expedition zu machen, taugt der Band nicht so recht.
Das hat schon mit dem ersten und für mich besten Artikel zu tun. Der stammt vom Schriftsteller Andreas Eschbach, der Luft- und Raumfahrttechnik studiert hat. Er räumt elegant mit falschen Vorstellungen vom Weltraum auf und begräbt schlüssig Hoffnungen auf eine bemannte Reise zu anderen Sternen. Nun könnte man das Buch zuklappen und sich wieder der Science-Fiction zuwenden. Ein Artikel wie der von Herausgeber Harald Zaun und Harald Lesch ist dann entbehrlich. Die beiden steigen etwas altbacken mit Ikaros ein, um von Pleiten, Pech und Pannen der bemannten Raumfahrt zu erzählen. Klar ist fast alles für den Menschen im Weltraum schwierig oder gar eine Zumutung, und sicher haben Bedenken etwas in einer ausgewogenen Darstellung zu suchen, aber sehr inspirierend ist das nicht.
Wer sich für interstellare Raumfahrt interessiert und noch nichts darüber gelesen hat, wird bunt in den verschieden Beiträgen verteilt allerlei Wissens- und Bedenkenswertes finden, aber keine fundierte Orientierung. Das liegt an der mangelnden Konzeption des Buches. Es kommt wie ein Tagungsband daher, bei dem aber leider so gut wie keine inhaltliche Abstimmung der Beiträge untereinander stattgefunden hat. Der Charakter der 23 Artikel ist zudem extrem unterschiedlich und ihr Niveau reicht von solide bis entbehrlich. Der Epilog des ehemaligen ESA-Astronauten Ulrich Walter wäre auch besser als Prolog geeignet gewesen. Springer hat Fundierteres zur Raumfahrt anzubieten, etwa in der PRAXIS-Reihe oder als Science-Fiction-Roman wie „The EXODUS Incident“ des Physikers Peter Schattschneider (vgl. Physik Journal, Juli 2022, S. 57).
Dass die Web-Fundorte der durchweg zu kleinen Abbildungen als ellenlange URLs in den Bildunterschriften stehen, ist eigenartig. Allerdings erkennt man daran, wo das Wissen über Quellen für adäquate Bilder fehlte. Auch ein Register fehlt, wäre bei einem solchen Band aber eigentlich ein Muss. Dann ließe sich auch besser erkennen, wie oft sich Themen wiederholen, etwa der unvermeidliche Alcubierre-(Warp)-Antrieb, der „fancy“ ist, aber fern jeder Realisierung. Letztlich verlieren sich die Autor:innen zu oft in Vorgeplänkel und Altbekanntem, um fundiert auch nur bis zum Mars zu kommen. Für mich ist klar: Ich bleibe auf der Erde, da komme, was wolle.
Alexander Pawlak