18.09.2003

Geschlechterverhältnisse in Medizin, Naturwissenschaft und Technik

Memel, Renneberg

Geschlechterverhältnisse in Medizin, Naturwissenschaft und Technik

Von C. Memel u. M. Renneberg (Hrsg.).
GNT-Verlag, Bassum 1996. 349 S., 7 Abb., Gb., DM 48,-.
ISBN 3-928186-31-0

"... in welchem Ausmaß das, was die Wissenschaften als Beschreibung der objektiven Realität vorbringen, tatsächlich kulturelle Werte und Normen, aber auch gesellschaftliche Strukturen und konkrete Machtverhältnisse widerspiegelt" in bezug auf das Phänomen des Geschlechtes zu ergründen, ist das Thema des von C. Memel und M. Renneberg herausgegebenen Bandes mit dem etwas trocken klingenden Titel "Geschlechterverhältnisse in Medizin, Naturwissenschaft und Technik".

Die über 30 Beiträge von Einzelautorinnen und -autoren, es kommen neben eigentlichen Wissenschaftshistorikern auch Mediziner, Naturwissenschaftler und Soziologen zu Wort, repräsentieren einen gelungenen Versuch, die Kluft zwischen Historikern und in den sogenannten "harten Wissenschaften" Tätigen, die solche Aussagen oft als provokant oder zumindest kontrovers empfinden, zu überbrücken.

Man liest von Pionierinnen der Medizin in Deutschland und Rußland, von Landhebammen, Gehirnanatomen, Straßenbahnfahrerinnen, Betriebschemikerinnen und gar Hexen, von Professorenverbänden, Mentoren und Ehemännern. Zurückgehend bis ins 17. Jh. werden einer Fülle von Einzelbiographien "kollektive" Biographien verschiedener Standes- und Berufsgruppen gegenübergestellt. Dadurch werden aus heutiger Sicht oft atemberaubend klingende Originalzitate über die sogenannten "natürlichen" Rollen der Geschlechter im historischen Kontext verständlich gemacht. Dem Leser wird überzeugend vor Augen geführt "daß das, was uns in der Geschichte von Technik, Medizin und Naturwissenschaft begegnet, nicht bloß dem unvollkommenen Kenntnisstand der Vergangenheit anzu lasten und damit im Grunde erledigt ist, sondern tatsächlich zum Wesen von Wissenschaft gehört."

Der Schwerpunkt liegt auf Medizin und Chemie, doch für speziell physikalisch Interessierte wäre die Lebensgeschichte der Spektroskopikerin Her tha Sponer zu erwähnen. Der Beitrag über Zusammenhänge von Thermodynamik und Geschlechterordnung, in dem 1. und 2. Hauptsatz als Auswüchse männlicher Beherrschungsansprüche "entlarvt" werden, wird unter PhysikerInnen wohl eher Ärger bis Belustigung hervorrufen.

Insgesamt kann ich das Buch zwar nicht als unterhaltsame Abendlektüre empfehlen, aber mit seiner Fülle von Informationen und seiner umfangreichen Bibliographie als eine wahre Fundgrube für alle an Wissenschaftsgeschichte Interessierten.

M. Ritsch-Marte, Innsbruck

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