17.08.2004

Gravity from the Ground Up

Schutz B.

Gravity from the Ground Up

Mit seiner Einführung in die Schwerkraft und in Einsteins Gravitationstheorie hat sich der Autor bekannter Bücher (z. B. über 'Geo­metrische Methoden der mathematischen Physik') eine schwierige Aufgabe gestellt: die relativistische Gravitationstheorie und Kosmologie ohne Differential- und Integralrechnung zu erklären. Zur Kompensation dieses Verzichts soll ein im Internet kostenlos abrufbares System von Computerprogrammen dienen, mit denen sich die Theorieentwicklung nachvollziehen lässt und die Übungsaufgaben bearbeitet und deren Programme - nach Einarbeitung - verändert und zu neuen Zwecken benutzt werden können.

Dem Autor zufolge ist das Buch für Leser, 'die hinter das oberflächliche Niveau des Verstehens gehen wollen, für das sich viele populäre Bücher entscheiden'. Dabei fördert er in 27 Kapiteln von der Newtonschen Gravitationstheorie im Planetensystem über Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie mit ihren Pulsaren, Schwarzen Löchern, Gravitationslinsen und Gravitationswellen bis zur Kosmologie das Verständnis durch physikalische Denkweisen, Methoden und Modelle, nicht durch mathematische Überlegungen. Hier scheiden sich die Geister: Dem Optimismus, dass jedem alles verständlich gemacht werden kann, steht die Skepsis gegenüber, ob es angemessen ist, statt wirksamer mathematischer Hilfsmittel numerische Methoden einzusetzen. Pädagogisch wohltuend und gut gelungen ist die Vorgehensweise des Autors: von Bekanntem wie der Newtonschen Mechanik und der Schwerkrafttheorie soweit wie irgend möglich in die relativistische Gravitationsphysik vorzudringen.

Mich stört allerdings die nachlässige Art, mit der der Autor den Begriff des 'Feldes' behandelt. Da er nicht darum herumkommt, ihn zu benutzen, spricht er häufig von gravitational, electromagnetic, gravitoelectric 'field' etc., ohne den Begriff des Feldes im Text zu erklären. Nach einigem Suchen entdeckt man im Glossar des Buches unter dem Eintrag 'magnetic field' ganz nebenbei definiert, - was Physiker unter 'Feld' verstehen-. Ebenso bleibt der Begriff des 'Universums' undefiniert; anscheinend kennen zwar noch nicht alle Leser den Unterschied zwischen Masse und Gewicht, wissen aber schon, was mit 'Universum' gemeint ist. Kosmologie ist dann 'die Untersuchung des Universums als Ganzem', auch wenn etwas später die Einschränkung auf 'Beobachtbares' gemacht wird. Der problematische Stand des gegenwärtigen kosmologischen Modells, in dem die Materie im Kosmos fast völlig aus unverstandener 'dunkler Materie' und 'dunkler Energie' bestehen soll, scheint den Autor nicht zu stören. Was die eingestreuten historischen Bemerkungen betrifft, so spielen in ihnen recht plakativ beschriebene Heroen der Physik die größte Rolle.

Als Leser für das empfehlenswerte Buch kommen junge Computerfreaks, Oberstufenschüler und -lehrer (Leistungskurs!) sowie Studierende der Physik bzw. der Astronomie vor dem Vordiplom in Frage; auch Dozenten, die 'anschauliche' Argumente suchen oder für 'Hörer aller Fakultäten' vortragen wollen. Das Buch ist wunderbar bebildert, hervorragend produziert, mit breitem Rand anstelle von Fußnoten und mit hilfreichen Ergänzungen im Internet.

Prof. Dr. Hubert Goenner, Institut für Theoretische Physik, Universität Göttingen

Weitere Infos:

  • B. Schutz: Gravity from the Ground Up
    Cambridge University Press, Cambridge 2004. 488 Seiten, Geb., ISBN 0521455065
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