24.06.2003

Hawking

K. Mainzer: Hawking, Herder Verlag, Freiburg 2000. 140 S., kart., ISBN 3451048795

von K. Mainzer

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Stephen Hawking ist eine faszinierende Persönlichkeit. Er ist unerreicht in seiner Außenwirkung und unbestritten in seinen bahnbrechenden Beiträgen zur klassischen und Quantengravitation. Er ist wahrscheinlich der weltweit bekannteste lebende Physiker, sicherlich aber der bekannteste lebende Gravitationsphysiker und Kosmologe. Daher kann sich ein populärwissenschaftliches Buch, welches diesen Titel trägt, der Aufmerksamkeit der allgemeinen Öffentlichkeit sicher sein.

Es drängt sich etwas der Eindruck auf, dass dies vielleicht auch der Grund für die Wahl dieses Titels gewesen sein mag. Es geht in diesem Buch nicht um Hawking, sondern um eine Darstellung der modernen Gravitationsphysik. Dabei wird hin und wieder ein mehr oder weniger bedeutender Bezug zu Hawking hergestellt. Sicher ist der Name Haw king aus der Gravitationsphysik nicht wegzudenken, aber dieses ganze Gebiet nur mit diesem einen Namen zu verknüpfen ist sachlich nicht gerechtfertigt. Gerne hätte man sich eine Biographie oder eine Analyse des „Phänomens“ Hawking gewünscht. Leider ist nur ein einziges acht Seiten langes Kapitel Hawking gewidmet. Zu Hawking selbst gewinnt man kaum neue Informationen oder Einsichten. Einem solchen Buch unter diesen Umständen solch einen Titel - dazu noch ohne erklärenden Untertitel - zu geben, erscheint wohl doch etwas irreführend.

Was steht also in diesem Buch? Abgesehen von dem ersten kurzen Kapitel über Hawking ist dieses Buch eine verkürzte Fassung von Hawkings Buch „Eine kurze Geschichte der Zeit“: Es handelt sich um eine Einführung in die moderne Gravitationsphysik bis hin zur Quantengravitation. Es beginnt mit einem Kapitel über die Geschichte der Kosmologie und wird fortgesetzt mit einer Einführung in die klassische Gravitationsphysik von Newton bis Einstein. Danach werden Themen der modernen Gravitationsphysik mit ihren Singularitätentheoremen und die Physik der Schwarzen Löcher, insbesondere im Zusammenhang mit der Zerstrahlung Schwarzer Löcher, diskutiert. Schließlich geht es um Quantenkosmologie und um die zurzeit populärste moderne Quantengravitationstheorie, die Stringtheorie. In einem abschließenden Kapitel werden kurz allgemeine Themen wie Zeitreisen, Vorhersagbarkeit, das Schicksal des Universums sowie die Verantwortung des Physikers behandelt.

Man fragt sich, wer die Adressaten dieses Buches sind. Die "Experten" auf dem Gebiet werden schwerlich neue Erkenntnisse gewinnen, da das Buch im Wesentlichen eine schlagwortartige Beschreibung der modernen Gravitationsphysik ohne weitere erkenntnistheoretische Reflexionen oder historische Zusätze ist. Auch der auf dem Gebiet der Quantengravitation "interessierte Laie" wird vermutlich durch die recht kurz geratenen Erklärungen und Auslassungen leider nicht viel Neues dazulernen. So ist es z.B. sicherlich für Laien unverständlich, warum die Länge des von einem unbeschleunigten Beobachters durchfahrenen Weges im Vergleich zu einem beschleunigten größer ist. Auch wird bei den Erklärungen zur Gravitationswechselwirkung zwar treffend auf die Gezeitenkraft als die Gravitationskraft hingewiesen, aber das Hauptcharakteristikum der gravitativen Wechselwirkung, nämlich das Äquivalenzprinzip, wird nirgends erwähnt.

Dabei hätten sich viele Gelegenheiten geboten, das vorliegende Buch zu einer interessanten Ergänzung zu Hawkings Buch zu machen: So wird z.B. im Zusammenhang mit der Einführung einer imaginären Zeit und der damit von Hawking gewählten euklidischen Formulierung seiner Quantengravitation kurz eine sehr interessante Fragestellung angedeutet, nämlich, was denn eine physikalische Theorie ausmache. Leider wird dieses Thema, zu dem offenbar auch Hawking einiges zu sagen hat, nicht weiter ausgeführt. Auch einige andere angeschnittenen Themen werden einfach im Raum stehen gelassen. Es wäre wünschenswert gewesen, die Ebene des "key word dropping" zu verlassen und einzelne Punkte erkenntnistheoretisch zu vertiefen.

Wie auch immer man dieses Buch beurteilt, so muss man doch - in den Worten des Autors - treffenderweise konstatieren: "Mit diesen Fragen fühlt sich ein Millionenpublikum auch im 21. Jahrhundert angesprochen".
Claus Lämmerzahl

Priv.-Doz. Dr. Claus Lämmerzahl, Institut für Experimentalphysik, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

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