22.01.2007

Musizieren, Lieben - und Maulhalten!

I. Rentsch, A. Gerhard (Hrsg.): Musizieren, Lieben – und Maulhalten! Schwabe, Muttenz 2006 140 S., brosch, ISBN 3796522238

Rentsch, I.; Gerhard, A. (Hrsg.)

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„Musizieren, Lieben – und Maulhalten“, das sagte Einstein zu Schuberts Musik, und diesen Titel trägt auch diese Sammlung von Vorträgen zu seinen Beziehungen zur Musik. Der sonst so rede- wie schreibfreudige Einstein befolgte sein Schweigegebot; Äußerungen belegen, wie Barbara Wolff („Von Stradivaris Geheimnissen und vom Didgeridoo“) schreibt, „seinen Unwillen, dieses so emotionsbeladene Thema in Worte zu fassen“. In kluger Detektivarbeit sammelte sie im Jerusalemer Einstein-Archiv Zeugnisse, die sowohl seine Einbettung in eine Gesellschaft zeigen, „deren Teil zu sein ihm sieben Jahrzehnte lang zuwider war“, als auch dafür, wie ihm die Musik „Zuflucht [gewährte,] die einen frei und unabhängig macht“.

Einsteins musikalische Bildung ist die des Bildungsbürgertums seiner Zeit; Hans-Joachim Hinrichsen („Albert Einsteins Geige“) sieht darin ein „Symptom jüdisch-deutscher Akkulturation im Kaiserreich“. Einstein bevorzugte die ihm als Ausübenden zugängliche klassische Musik, hielt sich in Musiktheorie für „recht unwissend“ und interessierte sich kaum für Zusammenhänge zwischen Physik und Musik. Der Musikwissenschaftler Alfred Einstein, der „vorgebliche Verwandte“, unterwarf seinerseits, so Anselm Gerhard, „gerade auch die Musik dem scharfen Blick des Forschers“, ohne jedoch einen „inneren Zusammenhang von Musik und Physik, von Mozart und Relativitätstheorie“ zu unterstellen.

So gern Einstein improvisierte, so wenig verspürte er sich zum Komponieren gedrängt. Komponisten dagegen befassten sich oft mit ihm. „Die Faszination des Unverständlichen“ ließ, so Ivana Rentsch in „Bohuslav Martinu und Albert Einstein“, den „enthusiastischen Anhänger“ Martinu in Einsteins Denken nach „musikalischen Schlüssen“ suchen. Beide spürten „innere Harmonie der Wirklichkeit“, „intuitive Ganzheit“. Martinu folgte der „musikalischen Logik“ der „entwickelnden Variation“, während doch Einstein meinte, „wirklich gute Musik“ lasse sich nicht analysieren.

Albrecht Riethmüller („Schönberg schreibt an Einstein. Die Briefe im musikalischen Kontext“) kontrastiert das oft eher verklärende Bild der Anekdoten und Memoirenquellen mit dem „unergiebigen Briefwechsel“, in dem Einstein – ihm sollen „Musik wie Theorie“ Schönbergs „nichts als verrückt“ erschienen sein – 1925 wenig Empathie für das sich verkannt fühlende Genie aufbrachte, aber 1938 prompt der Bitte nachkam, einem verfolgten musizierenden Freund zu helfen. Nils Grosch („Albert Einstein und Der Weg der Verheißung“) berichtet von Einsteins Einsatz für Kurt Weill, der 1935 mit einer „wirkungsvollen, groß dimensionierten Show“ am Broadway auf die Judenverfolgung aufmerksam machen will.

Zwischen 1974 und 2004 schufen Paul Dessau, Philip Glass und Dirk d’Ase abendfüllende Musikwerke, die Einsteins Namen im Titel führen. Arnold Jakobshagen („Montage – Zyklus – Klangsymbol“) zeigt die großen Unterschiede der kompositorischen Mittel und der dramaturgischen Behandlung auf und auch die Gemeinsamkeit: Einsteins Name garantiert das Interesse der Gesellschaft an den Fragen nach Schuld und Verantwortung der Naturwissenschaftler. Einen Beitrag zu Einsteins Beziehungen zur Musik liefert auch er nicht.

Anita Ehlers, München
 

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