Naturwissenschaft und Religion
Schröder
Naturwissenschaft und Religion
Von W. Schröder.
Science Edition, Deutsche Geophysikalische Gesellschaft, Potsdam 1999. 68 S., 2 Abb.,
ISBN: 0179-5658
Immer wieder hat das Thema Naturwissenschaft und Religion die Menschen interessiert. Auch gegenwärtig spielt es in der Diskussion eine immer wiederkehrende Rolle und wird auch in den öffentlichen Medien kontrovers dargestellt. Die Entmythologisierung des Weltbildes führte in allen naturwissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Physik, Astronomie) und ebenso in der protestantischen Theologie zur strengen Unterscheidung der wissenschaftlichen "Wahrheiten" (Episteme), die auf exakter Induktion und logischem Schließen beruhen und jederzeit nachprüfbar sind und den "Glaubenswahrheiten" (Offenbarungen), die nur durch das Wirken Gottes selbst für den Menschen zugänglich sind. Keine wissenschaftliche Wahrheit betrifft den religiösen Glauben und keine göttliche Offenbarung verkündet Episteme. Die Religion ist irrelevant für die wissenschaftliche Erkenntnisfindung, und keine wissenschaftliche Erkenntnis hat irgendeine Bedeutung für die Religion.
Kant unterschied zwischen der "theoretischen Vernunft", die nach wissenschaftlicher Erkenntnis sucht und der "praktischen", die ethische Forderungen (Postulate) an das Handeln der Menschen stellt. Die Religion gehört zur praktischen Vernunft, indem sie diese Postulate als göttliche Gebote formuliert, als Maxime die so zu beachten sind, "als ob" sie die Gottheit gebietet. Die formale Ethik des "kategorischen Imperativs" Kants (Handle so, daß du wollen kannst, daß die Maxime deines Handelns allgemeines Gesetz wird) wird durch Christi Forderung "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" zu einer maximalen Ethik verschärft.
Schröder zeigt diese Komplementarität von Wissenschaft und Religion, die von Epistemen und Postulaten, an Hand von Vorträgen und Aufsätzen zweier großer Physiker des 20. Jahrhunderts. Er stellt die Ansichten von Max Planck (1858-1947) und Werner Heisenberg (1901-1976) vergleichend gegenüber. Planck war in der Philosophie strenger Kantianer und in der Religion protestantischer Christ. Für ihn war die Unabhängigkeit und die Komplementarität von Wissen und Glauben und damit die Verpflichtung der Wissenschaft zur Wahrheit und die ethische Bedeutung des religiösen Glaubens selbst verständlich und evident.
Heisenberg kam von einem naiven Neopositivismus ausgehend schließlich zu Platons Ideenlehre als Garant der wissenschaftlichen Wahrheitsfindung. In Platons unfaßbarer "Idee der Ideen" fand Heisenberg einen Gottesbegriff, der in der Transzendenz Wissenschaft und Religion zusammenführt. Schröder zeigt aber, daß Heisenberg in allen Fragen der sachlichen Unabhängigkeit von Wissen und Glauben mit Plancks Positionen übereinstimmte.
Das Büchlein bietet erstmalig und umfassend einen Einblick in diese Gedankenwelt der beiden großen Physiker, so daß es einem breiten Leserkreis empfohlen werden kann.
Prof. Dr. Hans- Jürgen Treder, Bremen
Dieses Buch können Sie direkt bei amazon.de | ||