Niels Bohr and the Quantum Atom
Helge Kragh: Niels Bohr and the Quantum Atom, Oxford University Press, Oxford 2012, 416 S., geb., 48,00 Euro, ISBN 9780199654987
Helge Kragh
Komplementär zu dem an Spekulationen reichen und an historischer Quellenkenntnis eher armen Buch „Niels Bohr“ von Ernst Peter Fischer schickt Helge Kragh seinen Leser hingegen auf eine äußerst anspruchsvolle Reise. Anders als der Untertitel es andeutet, behandelt er auch ausführlich die Atomtheorien vor 1913 und bereitet so den Leser etwa mit dem Wissen vor, dass bei Rutherfords Atommodell noch gar nicht von Elektronenbahnen die Rede war.
Ausführlich zeichnet Kragh die Entwicklung von Bohrs Ideen durch die Jahre 1912 und 1913 nach, genauso wie die Aufnahme der Veröffentlichung seiner „Trilogie“ weltweit, wobei ihm gerade in England viel Skepsis entgegenschlug.
Weitere Kapitel behandeln detailliert Sommerfelds Erweiterungen, das Korrespondenzprinzip und Bohrs große Hoffnungen, Periodensystem und Moleküle auf einem Schlag miterklären zu können. Die Krise, in die die „alte“ Quantentheorie ab 1922 geriet, beschreibt Kragh wiederum als äußerst vielfältiges Problemfeld von Anomalien und missglückten Berechnungen und entfaltet so die Bühne, auf der Heisenbergs „Umdeutung“ der mechanischen Beziehungen stattfinden konnte. Der eher kurze Anhang zur philosophischen Debatte fällt daneben kaum ins Gewicht.
Kraghs Buch ist das Ergebnis langjähriger Forschung und Synthese seiner vielen Detailstudien. Leider wird es aber vielen Lesern zu dicht und detailliert erscheinen und volle Konzentration abfordern. So haben wir im Jubiläumsjahr des Bohr-Atoms mit einer Komplementarität zwischen Oberflächlichkeit und Tiefe zu kämpfen, für die aber wohl kein Naturgesetz gilt.
Dr. Arne Schirrmacher, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Geschichtswissenschaften