18.09.2003

Non-Standard Computation

Gramß

Non-Standard Computation

Von T. Gramß et al.
WILEY-VCH, Weinheim 1998. XIV + 226 S., 74 Abb., 4 Tab., Broschur,
ISBN 3-527-29427-9

Es ist vielleicht mehr als eine Randbemerkung der Geschichte, daß John von Neumann fast gleichzeitig sowohl die moderne Com puterarchitektur schuf als auch die Fundamente für eine Wissenschaft, die gerade jene Architektur abzulösen verspricht. Diese Fundamente sind die Theorie selbst-replizierender Automaten, speziell der Zellulärautomaten, sowie die Grundlagen der Quanten mechanik der Information. In diesem Buch werden verschiedene Paradigmen der Datenverarbeitung vorgestellt, die über von Neumanns serielle Architektur hinausgehen, von molekularen Computern über genetische und evolutionäre Algorithmen, Zellulärautomaten, bis hin zu rein quantenmechanischen Systemen. Dies ist eine große Vielfalt und vielleicht von einem Autor kaum zu bewältigen. Für "Non-Standard Computation" wurden deshalb Experten eingeladen, jeweils Kapitel über ihr Spezialgebiet beizutragen. Am interessantesten erscheint mir Groß¿ Darstellung der biomolekularen Datenverarbeitung (die aber sicherlich noch in den Kinderschuhen steckt) sowie die Kapitel über Theorie und Praxis der quantenmechanischen Computer (jeweils von Gramß und Pelizzari). Die Versprechen, die oft mit solchen Darstellungen Hand in Hand gehen, stehen sicherlich noch Jahrzehnte vor ihrer Einlösung, aber jene Versprechen rechtfertigen sicherlich den Aufwand, der heutzutage in diesen Gebieten betrieben wird.

Die einzelnen Darstellungen in "Non-Standard Computation" erscheinen durch das Hauptinteresse der jeweiligen Autoren gefärbt, so daß dieses Buch generell nicht mit einer Einführung verwechselt werden darf (vielleicht mit Ausnahme des ersten Kapitels über molekulare Datenverarbeitung von Michael Groß sowie Tino Gramß¿ Einführung in die quantenmechanischen Turing-Maschinen). In gewissem Sinne liegt aber hierin auch eine Stärke des Buches: Die einzelnen Kapitel führen den Leser relativ schnell zu einem der Horizonte des behandelten Gebiets. Das letzte Kapitel stellt eine mögliche Realisierung quantenmechanischer Datenverarbeitung auf der Basis von Ionen-Fallen vor, die sicherlich zurecht als eine der realistischeren Möglichkeiten gilt. Die einzelnen Kapitel sind nicht alle von der gleichen Qualität (beispielsweise ist Mitchells Beitrag über Datenverarbeitung in Zellulärautomaten sehr eigenwillig und erscheint mir von wenig Nutzen). Insgesamt aber ist "Non-Standard Computation" ein lohnendes Buch für interdisziplinär veranlagte Physiker, welche die Möglichkeiten und Grenzen der Datenverarbeitung erforschen wollen. Wenngleich von Neumann allen seinen Zeitgenossen voraus war, wäre er wohl dennoch erstaunt über die Vielfalt der Materialien und Systeme, welche heutzutage bei der Erforschung der physikalischen Prinzipien der Datenverarbeitung gang und gäbe sind.
Dr. Christoph Adami, Caltech, Pasadena, USA

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