On Superconductivity and Superfluidity
Ginzburg, V. L.
Wenn einer der großen russischen Physiker seine Autobiografie veröffentlicht, verdient dies zweifellos besondere Aufmerksamkeit. Dies gilt auch uneingeschränkt für Vitaly Ginzburg und sein Buch „On Superconductivity and Superfluidity“. In dieser Autobiografie, in der Ginzburg noch einmal sein Leben als Wissenschaftler zusammenfasst, finden sich zunächst sein Nobel-Vortrag von 2003, ein Überblick zu seinen Beiträgen zur Supraleitung und Supraflüssigkeit und seine Einführungskommentare zu zwei Konferenzen in Moskau über Supraleitung (2004 und 2006). Es folgen die vollständige englische Übersetzung der Arbeit von Ginzburg und Landau zur Theorie der Supraleitung (1950), eine autobiografische Ergänzung zum Nobel-Vortrag und noch einmal eine wissenschaftliche Autobiografie, deren russischer Originaltext von 1991 stammt. Bei dieser Zusammenstellung kön-nen erwartungsgemäß manche Duplizierungen nicht ausbleiben.
Im Abdruck der berühmten Arbeit von Ginzburg und Landau als einziger Originalarbeit spiegelt sich auch die Tatsache wieder, dass diese Arbeit wohl die größte wissenschaftliche Wirkung erzielte. Die russische Sitte, seinen eigenen Namen niemals im Zusammenhang mit einem wissenschaftlichen Ergebnis zu verbinden, veranlasste Ginzburg bekanntlich, diese üblicherweise mit Ginzburg-Landau-Theorie bezeichnete Entwicklung immer als ψ-Theorie vorzustellen.
Die Bemerkungen der beiden Autoren über die Nichtbehandlung des Falles κ > 1/21/2 sind immer wieder interessant. Dieser Fall hat nur wenige Jahre später A. A. Abrikosov zur Entdeckung der Typ-II Supraleitung und des Flussliniengitters geführt.
Natürlich ist das Buch keine Einführung in die Supraleitung und Supraflüssigkeit. Für den Experten und Wissenschaftshistoriker ist es aber eine ergiebige Quelle zu den Entwicklungen auf diesen Gebieten. Besondere Höhepunkte sind die ausführlichen Schilderungen zu den Anfängen und Weiterentwicklungen der ψ-Theorie sowie zu Ginzburgs Pionierarbeiten auf dem Gebiet der Thermodiffusion und Thermoelektrizität. Demgegenüber gelangen die zahlreichen und wichtigen Arbeiten Ginzburgs auf den Gebieten der Plasmaphysik, Astrophysik und kosmischen Strahlung etwas in den Hintergrund.
Häufig findet man bewegende Bemerkungen zur russischen Zeitgeschichte, z. B. die Evakuierung des Lebedev-Instituts von Moskau nach Kazan im Juni 1941 oder über die schlimmen Auswüchse des Stalinismus.
Die Übersetzung der russischen Originaltexte ins Englische hat offenbar Ginzburg vorgenommen. Dies führt zu manchen sprachlichen Besonderheiten, die das Verständnis aber nicht stören. Dass die Plancksche Konstante einmal Diracsche Konstante genannt wird (S. 117), kann vergeben werden.
Prof. Dr. Wolfgang Belzig, Fachbereich Physik, Universität Konstanz
V. L. Ginzburg: On Superconductivity and Superfluidity. A Scientific Autobiography
Springer, Heidelberg 2009, XII + 232 S., geb., ISBN 9783540680048