18.09.2003

Philosophical Concepts in Physics. The Historical Relation between Philosophy and Scientific Theories

Cushing


Von J.T. Cushing.
Cambridge University Press, Cambridge 1998. XIX + 424 S., Paper back,
ISBN 0-521-57823-X

Eine gängige Meinung über das Verhältnis von Philosophie und Physik ist, auch bei Vertretern beider Fächer, daß Berührungspunkte und die Relevanz für das jeweils andere Gebiet getrost zu vernachlässigen sind. Das Buch von James Cushing, Professor für Physik an der University of Notre Dame, will dieses Mißverständnis zurechtrücken. Es führt den Leser dazu (weitgehend, aber nicht streng chronologisch) durch die Geschichte der abendländischen Physik, um anhand zentraler Episoden die Wechselwirkung von Physik und Philosophie darzustellen.

Stationen dieser Tour, wo Cushing jeweils in prägnanter Form die wesentlichen Züge der Problem- und Theorienkonstellation präsentiert, sind u.a. das helio- und das geozentrische Weltbild, die Bewegungslehren von Aristoteles und Galilei, Newtons Mechanik, Äthertheorien, Elektrodynamik und, am ausführlichsten behandelt, Relativitätstheorie und Quantenmechanik. Anhand dieser Darstellungen werden einerseits wichtige erkenntnistheoretische und naturphilosophische Fragen vorgestellt und diskutiert (u.a. das Verhältnis von Theorie und Experiment, Determinismus, Realismus und Instrumentalismus, Unterbestimmtheit), andererseits wird gezeigt, wie philosophische Einstellungen der historischen Akteure die Entwicklung und Akzeptanz physikalischer Theorien beeinflußt haben.

Cushings "Steckenpferd" kommt an der letzten Station des Parcours zu seinem Recht, wo er Bohms Interpretation der Quantenmechanik als empirisch äquivalente Alternative zur Kopenhagener Deutung präsentiert und die (in seinem Buch "Quantum Mechanics" von 1994 entwickelte) These vorstellt, daß die Durchsetzung der Kopenhagener Deutung das Resultat einer kontingenten historischen Konstellation physikinterner und -externer Faktoren ist. Als Verallgemeinerung dieses Befundes, belegt durch die zuvor diskutierten Episoden, formuliert Cushing am Ende des Buches vorsichtig die (sicherlich kontroverse) These, daß die Entwicklung der Physik insgesamt als wesentlich durch kontingente historische Umstände mitbeeinflußter Prozeß aufzufassen ist und ihre Theorien Spuren dieser Kontingenzen tragen.

Das Buch ist für Studenten vor dem Vordiplom ohne philosophische Vorkenntnisse konzipiert, an physikalischem Vorwissen reicht die Einführungsvorlesung. Es ist flüssig und gut lesbar geschrieben, die präsentierten Themen werden naturgemäß nicht erschöpfend behandelt, aber es bietet eine instruktive, gut zugängliche Einführung, ergänzt um reichlich gut ausgewählte und kommentierte Literaturhinweise. Fazit: Dies ist ein Buch, das ich mir während meines Physikstudiums gewünscht, aber nicht gefunden habe. Ich kann es als Einführung jedem empfehlen, der sich für das Verhältnis von Philosophie und Physik interessiert.
Dipl. Phys. Frank Tschepke, M. A., Philosophisches Seminar, Universität Heidelberg

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