Physik per Computer
Kinzel, Reents
Physik per Computer
Von W. Kinzel und G. Reents,
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1996, VIII + 317 S., Hardcover,
ISBN 3-8274-0020-1
Physik betreiben, ohne daß ein PC oder eine Workstation auf dem Schreibtisch steht, ist heute kaum noch denkbar. Beschleunigt durch bequeme, höhere Programmiermethoden, insbesondere ,,Computeralgebra"-Systeme (wie Mathematica oder Maple) hat sich in den letzten zehn Jahren unbemerkt eine deutliche Änderung der Arbeitsweise des Physikers durchgesetzt. ,,Mal schnell" etwas ausrechnen oder simulieren ist an der Tagesordnung. In den Lehrplänen der Fakultäten ist davon allerdings noch wenig zu finden, und der Umgang mit dem Computer wird entweder durch trial and error gelernt (Modell Verhaltensforschung) oder durch Übernahme oft unverstandener Techniken von Dritten (Modell Guru). Kein Wunder, daß auch der Buchmarkt von Titeln wie ,,xx und Computer", ,,Mathematica und yy", ,,zz und Maple" boomt, und es schwer ist, den Weizen von der Spreu zu trennen.
Das hier rezensierte Buch gehört zu den erfreulichen Vertretern dieses Genres. Etwa 30, keineswegs triviale Probleme aus der Theorie, der Simulation und der Datenauswertung werden behandelt; als Beispiele seien das nichtlineare Pendel, der anharmonische Quantenoszillator, das Hubbard-Modell, das Perzeptron und das Ising-Modell erwähnt. Das Niveau entspricht einer Vorlesung "ab dem 5. Semester", aus der das Buch entstanden ist, doch dürften auch jüngere Studenten es mit Gewinn benutzen können. In jedem Beispiel wird zwischen ,,Physik" und "Algorithmus" unterschieden: dadurch wird klargestellt, daß vor dem Programmieren erst einmal das Nachdenken stehen sollte. Neben den durchgerechneten Beispielen gibt es in jedem Kapitel weiterführende Übungen, an denen man sich die Zähne ausbeißen kann.
Die Programme zu den Beispielen sind teils in Mathematica, teils in C geschrieben. (Ob das letztere aus Geschwindigkeitsgründen nötig war, ist mir nicht ganz klar geworden.) Sie sind auf der beiliegenden Diskette gespeichert, die meisten außerdem im Anhang abgedruckt, der etwa ein Drittel des Buches umfaßt. Er enthält außerdem kurze Einführungen in Mathematica, C und Unix, die allerdings so knapp gehalten sind, daß man sich fragt, ob sie mehr als ein Merkheft sein können, das im Ernstfall durch mündlichen Vortrag oder ausführlichere Bücher ergänzt werden muß. Der Rezensent hätte sich jedenfalls an Stelle des Anhangs noch einige Beispiele mehr gewünscht.
Zusammenfassend kann man sagen, daß hier ein nützliches Buch vorliegt, daß sich hervorragend als Textbuch zu einer Vorlesung ,,Computerphysik" eignet, ebenso - bei einiger Zähigkeit und vorhandener Übungsmöglichkeit auf einem Mathematica-System - zum Selbststudium. Unter den speziell für Physiker geschriebenen Büchern, die zeigen, wie er heute mit Computeralgebra Probleme lösen kann, sicher eines der besten.
Ch. Schlier, Freiburg
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