24.06.2003

Prometheus Bedeviled. Science and the Contradictions of Contemporary Culture

Levitt


Von N. Levitt. Rutgers University Press, New Brunswick, NJ 1999. IX + 416 S., Hardcover, ISBN 0-8135-2652-3

Der Mathematiker Norman Levitt ist als Ko-Autor von "Higher Superstition" (zusammen mit P. R. Gross) bekannt geworden, in dem sie sich ausgesprochen kritisch mit solchen Theorien beschäftigen, die sich den Verfahren und der Bedeutung von Wissenschaft in modernen Gesellschaften aus sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive nähern (z.B. Bruno Latour). Damit haben sie einen Graben in die akademischen Wissenschaften eingezogen, der in der Öffentlichkeit als "science wars" wahrgenommen und diskutiert wird.

In seinem neueren Buch "Prometheus Bedeviled" geht Levitt noch einmal umfangreich und systematisch der Frage nach der Stellung der Wissenschaften in westlichen Gesellschaften nach, denen er ein gestörtes Verhältnis bescheinigt. An vierzehn Feldern, wie z.B. Kultur, Mathematik, Leichtgläubigkeit, Ethnizität und Journalismus, entwickelt er das widersprüchliche Verhältnis westlicher Gesellschaften zu den Wissenschaften. Seine Diag nose ist dabei deutlich: Wissenschaften haben in den vergangenen Jahrhunderten wie kein anderer Bereich moderne Gesellschaften geprägt und doch ist es heute zu einer einschneidenden "Entfremdung" der Gesellschaften von ihren wissenschaftlichen Wurzeln gekommen. Zwischen ihnen verläuft ein "Riss" (rift), den Levitt in dramatischen Bildern nachzeichnet. Leichtgläubigkeit, Aberglaube, Esoterik sowie "science studies" seien verantwortlich für diese Entfremdungsprozesse. Diese bedrohen die gesamte wissenschaftliche Kultur in besorgniserregender Weise. Ihre Überwindung sei nur anhand einer systematischen und unparteiischen Analyse der Positioniertheit von Wissenschaft in Gesellschaft möglich, zu der das Buch einen Beitrag leisten will.

So engagiert Levitts Projekt ist, so erstaunlich ist sein Ansatz. Es handelt sich bei dem Buch eher um ein essayistisches Pamphlet, als um eine fundierte wissenschaftliche Analyse, wie es von einem Autor zu erwarten wäre, der sich um die Reputation der Wissenschaften sorgt. Die unter dem Titel "science studies" zusammengefassten Verantwortlichen für die gegenwärtige Situation werden abgefertigt, ohne dass ihre Positionen ausreichend dargestellt wären. Das ist zumindest kein guter wissenschaftlicher Stil. Das Buch wird damit für diejenigen uninteressant, die nach Levitt sowieso auf der falschen Seite des Risses stehen. Es ist zudem zu fragen, ob die These der Entfremdung moderner Gesellschaften von ihren wissenschaftlichen Wurzeln nicht vielmehr das Ergebnis einer Verwissenschaftlichung von Gesellschaft ist, nämlich die zunehmende Fähigkeit reflektiert, sich kritisch mit den Ergebnissen auch der Wissenschaften auseinanderzusetzen und eben nicht in einen "höheren Aberglauben" zu verfallen. Dass Wissenschaftler damit in Begründungszwänge geraten, ist dann eher ein wünschenswertes Ergebnis als ein besorgniserregendes.

Dr. Ulrich Lölke, Dozent am Fachbereich Kulturwissenschaften der Universität Lüneburg

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