18.09.2003

Quantum State Diffusion

Percival

Quantum State Diffusion

Von I. Percival.
Cambridge University Press, Cambridge 1998. XI + 184 S
ISBN 0-521-62007-4

Stochastische Schrödinger-Gleichungen erfreuen sich seit Jahren wachsender Beliebtheit. Insbesondere in der Quantenoptik werden sie häufig und gerne eingesetzt, etwa um einen Eindruck zu erwartender Meßsequenzen zu vermitteln. In "Quantum State Diffusion¿¿ werden Grundlagen und Anwendungen dieser Technik vorgestellt und mit einer Debatte um die Rolle des Individuums in der Quantenmechanik und die Bedeutung der Wellenfunktion verknüpft. Vorausgesetzt werden Kenntnisse der Quantenmechanik wie sie etwa in den Kursvorlesungen an deutschen Hochschulen vermittelt werden.

Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wird gezeigt, wie eine gegebene Mastergleichung eines offenen Systems durch geeignete Wahl einer stochastischen Schrödinger-Gleichung modelliert werden kann, und wie die Kopplung des Systems an seine Umgebung (Meßapparat, Wärmebad) Diffusion und Drift im Hilbert-Raum bestimt. Abgerundet wird dieser Teil durch eine Reihe von Beispielen, für die zum Teil auch der Programm code (in C++) aufgeführt und kommentiert wird.

Während die gebräuchlichen stochastischen Schrödinger-Gleichungen letztendlich durch Elimination von Umgebungsfreiheitsgraden aus einer gewöhnlichen Schrödinger-Gleichung abgeleitet werden, stellt Percival im zweiten Teil seines Buches dieses Programm auf den Kopf. Unter der Überschrift "Primary State Diffusion¿¿ wird postuliert, daß die grundlegende Gleichung der Quantenmechanik eine stochastische Gleichung für eine realistisch interpretierte Wellenfunktion ist. Die gewöhnliche Schrödinger-Gleichung - so die Hypthese - ist nichts anderes als der Langzeitlimes dieser Gleichung. Ursache des Langevin-Rauschens, so wird weiter postuliert, sind Fluktuationen der Raum-Zeit auf der Planck-Skala. Niederschlagen sollten sich diese Fluktuationen in einer grundsätzlichen Beschränkung der Kohärenzlänge von Materiewellen, die beispielsweise in der Atom interferometrie nachweisbar sein sollte.

Trotz seines interessanten Ansatzes scheitert das Buch an einem inhärenten Konstruktionsfehler. Mit der Hypothese der Primary State Diffusion und der ontischen Annahme einer realistisch zu interpretierenden Wellenfunktion sprengt Percival den weitgehend akzeptierten Kanon der Quantenmechanik. Für den Leser bleibt dabei weitgehend unklar, inwiefern die philosophische Haltung - die er möglicherweise nicht teilen möchte - nicht doch auch den eher pragmatisch orientierten ersten Teil der Monographie in einer unkontrollierten Weise beeinflußt. Gestützt wird dieser Eindruck durch einen eher thesenhaften denn argumentativen Stil, eine hyroglyphische Notation, und die enigmatischen Ausführungen zur Brownschen Bewegung und zum Ito-Kalkül. Percivals Buch kann daher zwar als interessanter Beitrag zur Grundlagen-Debatte der Quantenmechanik empfohlen werden. Um etwas über den Einsatz stochastischer Schrödinger-Gleichungen zu lernen, sollte es jedoch eher als anregende Ergänzung zu anderen Monographien - etwa Howard Carmichaels "An Open Systems Approach to Quantum Optics¿¿ (Springer, Berlin, 1993) - gelesen werden.
Prof. Dr. Martin Wilkens, Institut für Physik, Universität Potsdam

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