18.09.2003

Sherlock Holmes und der Energie-Anarchist

Bruce

Sherlock Holmes und der Energie-Anarchist

Von C. Bruce.
Birkhäuser, Basel 1998. 288 S., 29 Abbildungen, Gebunden mit Schutz umschlag,
ISBN 3-7643-5834-3

Wohl jeder hat schon einmal von dem berühmten Meisterdetektiv Sherlock Holmes und seinem liebenswerten Biographen Dr. Watson aus der Bakerstreet 221b gehört. Mit scharfem Nachdenken und brillantem Schluß folgern löst dieses Gespann nahezu alle Fälle im London der Jahrhundertwende.

In zwölf neu(artig)en Fällen stellt der Autor Colin Bruce, seines Zeichens Physiker und Liebhaber geheimnisvoller Geschichten, Holmes und Watson vor Rätsel, die nur mit Hilfe der Physik geklärt werden können. Der weite Bogen spannt sich dabei vom Foucaultschen Pendel über grundlegende Phänomene der Relativitätstheorie bis hin zur Diskussion über Quantenmechanik.

Natürlich darf auch Einsteins Masse-Energie-Beziehung nicht fehlen. Im Fall des Energie-Anarchisten geht es daher vor dem Hintergrund einer Bombendrohung "mit einer Sprengkraft von hunderttausend Tonnen Schießbaumwolle" um Diskussionen über den Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen. Angefangen beim Perpetuum Mobile wird anhand eines "Kastenteufels", eines Kastens, aus dem beim Öffnen des Deckels ein kleines Teufelchen an einer Feder herausspringt, versucht, die oben genannte Formel anschaulich zu erläutern. Der Autor scheut auch nicht davor zurück, an dieser Stelle sogar den Massendefekt einzuführen.

Wie jeder echte Holmes-Fan jedoch schon aus dem allerersten Fall "Studie in Scharlachrot" von Sir Arthur Conan Doyle weiß, interessiert sich der große Meisterdetektiv leider nur für die Aspekte der Naturwissenschaften, die ihn in seinen forensischen Methoden weiterbringen. Aus diesem Grund hat der Autor in diesen Geschichten die beiden Professoren Summerlee und Challenger erfunden, die in Streitgesprächen die Physik zu den jeweiligen Fällen diskutieren. Auf diese Weise kann der Leser an den Gedankengängen teilhaben, die schließlich zur Lösung der Fälle, aber auch zu unserem heutigen Verständnis der verschiedenen physikalischen Hintergründe führen.

Besonders bemerkens- aber auch lobenswert ist, daß bis auf zwei Ausnahmen völlig auf Formeln verzichtet wird. Als Hilfsmittel zur Veranschaulichung vieler Phänomene wird häufig auf hübsche Illustrationen zurückgegriffen, die außerdem den Text etwas auflockern. Obwohl sich das Buch eher an interessierte Laien richtet, kann man davon ausgehen, daß "die Populärwissenschaft dem Denken nicht schadet", denn gerade am Ende des Buches sollten die Fallgeschichten sehr konzentriert gelesen werden, um alle Gedankengänge nachvollziehen zu können.

Abgerundet wird das Buch von einem nützlichen Nachwort, in dem Bruce die verschiedenen Fälle in den übergeordneten Zusammenhang der Physik stellt.
Christian Jentsch, Institut für Quantenoptik, Universität Hannover

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