SIMPLY. Quantenphysik
Hilary Lamb, Giles Sparrow, Ben Still: SIMPLY. Quantenphysik, Dorling Kindersley Verlag, München, 2023, geb., 160 S., 12,95 Euro, ISBN 9783831046065
Hilary Lamb, Giles Sparrow, Ben Still
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dies hat sich der Dorling Kindersley Verlag mit der Buchreihe „SIMPLY“ auf die Fahne geschrieben, die nun auch auf Deutsch erscheint. In Zeiten, in denen erstaunlich viele populärwissenschaftliche Bücher ohne Abbildungen auskommen, gibt es hier zur Abwechslung ausschließlich ganz- oder doppelseitige Grafiken, garniert mit kurzen Texten sowie Physiker:innen-Zitaten, die meist kryptisch bleiben. Gedacht ist dies „für alle Wissbegierigen mit wenig Zeit“, wie es auf dem Buchumschlag steht. Doch wie weit kommt man mit Grafiken, wenn es um das Verständnis der Quantenphysik geht, die keinesfalls simpel ist?
Nicht sehr weit, muss ich leider sagen. Ja, instruktive Illustrationen sind oft hilfreich, um schwierige Sachverhalte auf den Punkt zu bringen. Aber hier fehlen ganz eindeutig ein zusammenhängender Text, ein roter Faden und ein didaktisches Konzept! Der einführende Abschnitt beginnt mit einer eigenartigen Ver(un)anschaulichung der „subatomaren Größenordnungen“ mit kaum lesbaren (und für Laien nicht erklärten) Zehnerpotenzen und dem falschen Einheitenzeichen „M“ statt „m“ für Meter.
Die nächste Doppelseite wartet mit einer Art pointilistischen Darstellung einer Elektronenwolke auf, dabei ist es 2015 am Max-Born-Institut gelungen, beeindruckende Bilder der Orbitalstrukturen von Wasserstoff- und Heliumatomen einzufangen. Hier zeigt sich eine große Schwäche des Buches: Es gewährt keine realistischen Blicke auf die physikalische Forschung oder technologische Anwendungen der Quantenphysik, sondern verlässt sich allein auf pastellig-flächige Grafiken, die vielfach zu grob ausfallen, etwa bei der UV-Katastrophe (S. 27) mit allzu „breitbandigem“ Kurvenverlauf.
Eine Einführung in die Grundideen der Quantenphysik bzw. Quantenmechanik braucht statt häppchenweiser Zubereitung Zeit und Kohärenz (Die Grafik zur Dekohärenz auf S. 75 lässt nebenbei an die Befruchtung einer Eizelle denken!). Doch wie soll das gelingen, wenn nach den unanschaulichen Größenordnungen und der verunstalteten Elektronenwolke bereits ein verqueres Diagramm zum Teilchenzoo (S. 12/13) folgt, das ohne Not etablierte Darstellungen opfert. Stattdessen sieht man eine Art „Teilchenzelle“, in der falsche Verbindungen zwischen den Teilchensorten verwirren. Von dort wird auf Seite 122 verwiesen, wo es um Quarks geht, und von dort auf Seite 135, die der Farbladung gewidmet ist. Dabei korrespondiert die Farbgebung zwischen den Seiten nicht und ist auf S. 135 auch noch inkonsistent.
Hier ist es unmöglich, alle Ungereimtheiten im Buch aufzulisten, das bereits ab S. 52 die Interpretationen der Quantenmechanik behandelt und zwar so, dass ich selbst mit Physikstudium und Diplomarbeit im Bereich der Grundlagen der Quantenmechanik nur Bahnhof verstehe.
Wenn man aus Fehlern lernt, dann ist dieses Buch mit seiner verkorksten Konzeption sicher äußerst lehrreich. Der Band zur „Mathematik“ ist leider nicht besser. Darin werden immerhin die Zehnerpotenzen erklärt, gleich zweimal kurz hintereinander, einmal als „Praktische Potenzen" (S. 17), dann „Große und kleine Zahlen“ (S. 20). Auch hier irrlichtert die Darstellung im Weiteren munter zwischen den Themenbereichen, dass ich rätsele, was mit diesem Buch der Reihe auf den Punkt gebracht werden soll. Elementares Rechnen, Mathematik oder die Anwendung der Mathematik? Eins weiß ich: Um einen roten Faden aufzuspannen, braucht man zwei Punkte. Dem Band zur Mathematik fehlen beide.
Alexander Pawlak