02.09.2014

Stochastic Geometry and its Applications

Sung Nok Chiu et al.: Stochastic Geometry and its Applications, Wiley, Chichester, 3. Aufl. 2013, geb., 570 S., 110 $

Sung Nok Chiu et al.

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Was ist Unordnung und wie kann man sie sortieren? Der Physiker wird bei dieser Frage an John M. Ziman denken, der 1979 in der Einleitung seines Buches „Models of Disorder“ schrieb: „[D]isordered phases of condensed matter – steel and glass, earth and water, if not fire and air – are far more abundant […] than the idealized single crystals that used to be the sole object of solid state physics”.

Parallel zur Physik ungeordneter Systeme entwickelt sich in der Mathematik seit den 1960er-Jahren das Gebiet der Stochastischen Geo­metrie, das sich mit der Beschreibung ungeordneter geometrischer Muster und der Entwicklung von Methoden zu ihrer Analyse befasst. Das Buch von Chiu, Stoyan, Kendall und Mecke präsentiert dazu eine umfassende aktuelle Darstellung. Die vorliegende Neuauflage ist eine erweiterte und modernisierte Fassung zweier früherer Ausgaben, welche die Autoren Stoyan, Kendall und Mecke 1987 und 1995 veröffentlicht hatten.

Die lesenswerte Einleitung beleuchtet Historie, fachliche Einordnung und Abgrenzung der Thematik. Darauf folgt eine sorgfältige Darstellung der Notation der verwendeten Größen, was für eine interdisziplinäre Diskussion nützlich ist. Im ersten Kapitel werden die erforderlichen mathematischen Grundlagen definiert. Den Auftakt zum eigentlichen Thema gibt das Poisson-Punktfeld (Kap. 2) mit seinen Eigenschaften, Simulationsmethoden und Anwendungen. Daraufhin geht es um die allgemeine Theorie zufälliger Punktfelder (Kap. 4) und eine Reihe weiterer Modelle (Kap. 5) wie Cluster- und Gibbs-Punktfelder. Zufällige Mengen sind Gegenstand von Kapitel 3 (Boolesches Modell) und 6 (Allgemeiner Fall). Es folgen Kapitel zu zufälligen Maßen, zufälligen Fel­dern von Linien, Fasern und Flächen sowie zu Mosaiken und Netzwerken. Abschließend wird das Gebiet der Stereologie behandelt, die aus der Kenntnis niederdimensionaler Schnitte Aussagen über die Eigenschaften höherdimensionaler zu­fälliger Gebilde gewinnt.

Viele Aspekte der mathematischen Modelle sind dem Physiker wohlbekannt. Beispielsweise erweist sich das Avrami-Modell der Transformationskinetik als ein Spezialfall des Booleschen Modells, für das übrigens auch Perkolations­prozesse diskutiert werden. Die mathematische Darstellung, die auf langwierige Beweise verzichtet, wird durch die Diskussion praktischer Fälle veranschaulicht, was einerseits das Verständnis der mathematischen Methoden unterstützt und andererseits ihr Potenzial für Anwendungen in der Physik illustriert.

Dr. Helmut Hermann, Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden

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