Strange Glow – The Story of Radiation
T. J. Jorgensen: Strange Glow – The Story of Radiation, Princeton Univer-sity Press, Princeton 2016, 490 S., geb., 35 $, ISBN 9780691165035
T. J. Jorgensen
Dieses Buch füllt eine Lücke, denn seit Längerem ist keine Monografie über die Geschichte der Strahlung erschienen. Um es vorwegzunehmen: Das Buch von Timothy J. Jorgensen macht seine Sache mehr als gut! Der Autor ist Professor für Strahlenmedizin und Direktor des Graduiertenprogramms für Gesundheitsphysik und Strahlenschutz an der Georgetown University in Washington DC mit einer besonderen wissenschaftlichen Expertise in Strahlenbiologie, Krebsepidemiologie und öffentlichem Gesundheitswesen. Er ist damit ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet und führt den Leser ohne schwerverständliche Wissenschaftssprache, Diagramme oder Formeln spannend und zugleich sachlich an die Frage heran: Vor welcher Art von Strahlung muss oder sollte ich mich (nicht) fürchten? Diese Entscheidung will der Autor den Lesern erklärtermaßen nicht abnehmen. Er erzählt deshalb lieber die Geschichte von der Entdeckung und Nutzbarmachung elektromagnetischer Wellen Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Reaktorkatastrophe in Fukushima und die damit verbundenen Probleme der ionisierenden Strahlung. Wie in einem spannenden Dokumentarfilm bauen die Kapitel stimmig aufeinander auf, und man möchte das Buch nicht aus der Hand legen. Dabei lohnt es sich bei abendlicher Lektüre durchaus, auch mal das Licht auszumachen, um das mitgelieferte Gimmick würdigen zu können: Der Umschlag leuchtet im Dunkeln!
Der erste Teil („Basics“) beschreibt allgemeinverständlich die höchst verschiedenen Facetten der Strahlungsphänomene, von der Entdeckung der Röntgenstrahlen bis zu Einsteins berühmtester Gleichung. Zentrale Bedeutung hat der zweite Teil des Buches („Health Effects“), der die Folgen des Abwurfs thermonuklearer Waffen auf Japan und die erste Wasserstoffbombenexplosion auf dem Bikini-Atoll sowie die Wirkung von ionisierender Strahlung auf die DNS vorstellt. Diese Kapitel kommen nicht ganz ohne Mathematik aus. Der Autor führt hier in die wichtigen Fragen ein, wie sich ein Strahlenrisiko berechnet und wie sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, an den Folgen einer zusätzlichen künstlichen Strahlenbelastung zu erkranken oder zu sterben.
Im dritten und letzten Teil („Weighing Risks and Benefits of Radiation“) werden die Erkenntnisse realistisch auf alle möglichen Strahlungsquellen angewendet: Belastung durch Radon, diagnostische Radiographie, mobile Telefone, Nahrungsmittelkontaminationen und Reaktorunfälle. Die Darstellung von Jorgensen hilft gerade in diesem Bereich, irrationale Ängste und Befürchtungen zu vermeiden.
Anmerkungsapparat und ausführliches Stichwortverzeichnis sowie die – im Gegensatz zum Haupttext nicht ganz fehlerfreie – Bibliografie beschließen das Werk. Auch wenn das Buch eher populärwissenschaftlich orientiert ist, bietet es auch für physikalisch einschlägig Vorgebildete eine lohnende und spannende Lektüre.
Prof. Dr. Oliver Micke, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Franziskus Hospital, Bielefeld;
Dr. Mathias Seifert, Institut für Biologie und Chemie, Stiftung Universität Hildesheim