String Theory in a Nutshell und Becker, K. et al.: String Theory and M-Theory
Kiritsis, E.
Beide Werke behandeln die Grundlagen recht knapp, sodass insbesondere der Neuling auf diesem Gebiet doch auf die „Klassiker“ von Green, Schwarz, Witten und Polchinski oder die sehr ausführliche Einführung von Zwiebach zurückgreifen muss. Mit etwas Vorkenntnissen kann man jedoch die ersten paar Kapitel sowohl in Becker et al. als auch in Kiritsis mit Gewinn lesen. Insbesondere in letzterem Buch finden sich viele nützliche und sicherlich auch nicht jedem erfahrenen Stringtheoretiker bekannte Details, vor allem auch in den Übungsaufgaben.
Zu den weiterführenden Kapiteln, z. B. über Schwarze Löcher, Stringkompaktifizierungen oder die gauge/gravity-Korrespondenz, könnte man jeweils ein eigenes Buch schreiben. Daher ist es nicht möglich, auch nur annähernd alle Aspekte abzudecken. So erwähnt z. B. Kiritsis den Attraktormechanismus nicht, während Becker et al. ihm zehn Seiten einräumt. Dagegen gibt Kiritsis der mikroskopischen Berechnung der BH-Entropie mehr Gewicht.
Die Kapitel über Stringkompaktifizierungen sind ebenfalls sehr unterschiedlich gehalten. Bei Becker et al. liegt der Schwerpunkt auf geometrischen Aspekten. Flusskompaktifizierungen bekommen dabei ein separates Kapitel. Dieses Gebiet, insbesondere auch die wichtige Frage der Modul-Instabilisierung, fehlt in Kiritsis weitgehend. Dafür behandelt er stringtheoretische Aspekte der Kompaktifizierung: Zustandssummen, Einschleifenamplituden und Korrekturen zur effektiven Niederenergiewirkung. Phänomenologische Aspekte und mögliche Beziehungen zum Standardmodell (z. B. intersecting brane models) werden in Kiritsis stärker betont als in Becker et al.
Die AdS/CFT-Korrespondenz nimmt in beiden Büchern ein langes Kapitel ein, in dem nach einer Einführung einige der wichtigsten Aspekte und Anwendungen vorgestellt und insbesondere in Kiritsis auch ausführlich durchgerechnet werden.
Was bei beiden Büchern allzu oft zu kurz kommt, sind die Details. Viele Ergebnisse werden referiert, doch die Herleitungen sind meist sehr knapp, und die Lücken lassen sich ohne Rückgriff auf die Originalliteratur kaum schließen, was aber gerade von einem Lehrbuch zu erwarten wäre. Angesichts des riesigen Stoffumfangs, den die Autoren abdecken wollen, lässt sich dies aber vielleicht nicht besser bewerkstelligen.
Welches Buch würde ich an Stringtheorie interessierten Studierenden empfehlen? Als Einführung nach wie vor Green, Schwarz, Witten und Polchinski. Als weiterführende Lehrbücher sind „String Theory and M-Theory“ und „String Theory in a Nutshell“ gleichwertig. Beide legen beeindruckend Zeugnis davon ab, wie viel sich in den vergangenen zehn Jahren in der Stringtheorie bewegt hat, zuviel, um es in aller Ausführlichkeit in einem Buch abzuhandeln. Die umfangreiche Themenauswahl beider Bücher überschneidet sich stark. Die Schwerpunkte sind jedoch teilweise sehr unterschiedlich gesetzt, sodass es sich lohnt, beide Bücher zum Studium heranzuziehen. Man wird in jedem Fall viel lernen.
Prof. Dr. Stefan Theisen, MPI für Gravitationsphysik, Golm
E. Kiritsis: String Theory in a Nutshell
Princeton University Press, Princeton 2007, 608 S., geb.
ISBN 9780691122304
K. Becker et al.: String Theory and M-Theory
Cambridge University Press, Cambridge 2007,
756 S., geb.
ISBN 9780521860697