24.11.2009

The Black Hole War

Susskind, L.

Die Physik – eine Heldengeschichte? Ringen wir tatsächlich wie die griechischen Heroen in einem sagenhaften Kampf nicht um Troja, sondern um etwas weit Erhabeneres: die (physikalische) Wahrheit? Leonard Susskind inszeniert seine Auseinandersetzung mit Stephen Hawking als einen solchen, ganz persönlichen Krieg zweier physikalischer Titanen. Dabei geht es um die Kernfrage, ob Information, die in ein Schwarzes Loch gelangt, auf immer verloren (Hawking) oder weiterhin Teil unserer Welt und prinzipiell vollständig rekonstruierbar (Susskind) ist. Natürlich gewinnt Amerika den Krieg.

So problematisch eine solch grotesk überhöhte Zuspitzung auch sein mag, ist das Buch doch nicht (oder nicht nur) eine gelungene Eigenwerbung von Susskind, sondern weit mehr ein exzellent geschriebenes Marketinginstrument für die Physik. Und gerade deshalb kann der „Black Hole War“ sehr zur Popularisierung der Physik beitragen. So werden nämlich trotz aller personalisierten Zuspitzungen die Menschen hinter der Physik sichtbar. Susskind gelingt es in einer spannend und gleichzeitig lockeren Darstellung, diese Menschen lebendig und als Charaktere zu zeichnen – etwa wenn er, der Atheist mit jüdischen Wurzeln, sein Zusammentreffen mit einem amerikanischen Kollegen aus der evangelikalen Ecke schildert, der ihn in einem zeitraubenden Ge-spräch mit mathematischen Argumenten und Ableitungen davon zu überzeugen versucht, dass Jesus mit mehr als 96-prozentiger Wahrscheinlichkeit Gottes Sohn sein muss.

In Susskinds Buch finden sich zahlreiche solche Miniatur-Charakterskizzen. Doch der große Wert hinsichtlich einer Popularisierung liegt in seiner Fähigkeit, selbst komplexe Sachverhalte verständlich und anschaulich zu beschreiben. Wo sonst finden Phy-sik-Laien (und dies ist die Haupt-Zielgruppe des Buches) eine nachvollziehbare Beschreibung der Anti-de-Sitter-Raumzeit? Die Stringtheorie und ihre Beziehung zur Quantenfeldtheorie werden didaktisch exzellent und durch überzeugende Analogien aufbereitet. Und diese Analogien können auch uns als physikalisch vorgebildete Leserinnen und Leser zum Nachdenken anregen.

Inhaltlich bietet das Buch, organisiert in Kapitel wie „Der erste Schuss“, „Waffenstillstand“ oder „Die Schlacht von Santa Bar-bara“, einen beeindruckend konsistenten Überblick über die moderne Physik. Roter Faden dieses Parforceritts ist dabei das Paradox der vermeintlichen Informationsvernichtung in Schwarzen Löchern, das durch Übertragung der Bohrschen Komplementarität auf Schwarze Löcher aufgelöst wird. Dies führt zur Formulierung des Holographischen Prinzips und der Vorstellung unserer „Welt als Hologramm“.

Fazit: Eine schöne, mit überraschenden Wendungen und Wortspielen („Weapons of Mass Deduction“) durchsetzte Physikgeschichte, die sich zu lesen lohnt.

Dr. Martin Erik Horn, Institut für Didaktik der Physik, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main

L. Susskind: The Black Hole War

Verlag Little, Brown and Company, New York, Boston 2008, 480 S., geb., ISBN 9780316016407

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