24.09.2008

The Formation of the Solar System. Theories Old and New

Woolfson, M.

Der Physiker und Kristallograph Michael Woolfson von der University of York (Großbritannien) beschäftigt sich schon seit Jahr-zehnten mit dem Problem, die Entstehung des Sonnensystems und extrasolarer Systeme auf einer einheitlichen konzeptionellen Grundlage zu verstehen. Mit seinem neuen Buch legt er eine reichhaltige Gesamtschau seiner Ideen und Forschungen dar, die nicht nur für Experten der Astrophysik, der Kosmochemie oder der Mineralogie von Interesse ist, sondern auch für interessierte Laien.
Zwei Hauptströmungen haben seit etwa 300 Jahren das extrem verwickelte Problem der Planetenentstehung begleitet, charakterisiert vom Wissenschaftshistoriker Stephen Brush als das „monistische“ und das „dualistische“ Paradigma. Woolfson ist eindeutig Vertreter des zweiten Szenariums, nach dem Planeten nicht zwingend durch einen selbstregulativen Prozess in einer gasförmigen Staubscheibe um die Protosonne entstanden sein müssen, sondern durch den Einfang (capture model) von Material oder Protopla-neten aus der unmittelbaren Sonnenumgebung mit anschließenden Kollisionsprozessen.
Die Gründe für die wechselvolle Modellgeschichte der Planetengenese liegen in den komplexen Wechselwirkungen von un-scharfer Empirie und unzulänglichen theoretischen Konzepten (Problem des Reduktionismus). Bis etwa 1860 beherrschte die „Kant-Laplacesche Kosmogonie“ die Diskussion, bis dann das Drehimpulsproblem der sehr langsam rotierenden Sonne und die Abweichung des Spinvektors der Sonne von dem Drehimpulsvektor der Planetenbahnen realisiert wurde. 1859 konnte schließlich Maxwell theoretisch zeigen, dass sich N Teilchen in einem Ring um einen massiven Zentralkörper trotz gravitativer Wechselwirkung stabil bewegen können. Mit diesem Ergebnis war es sehr unwahrscheinlich, dass Planeten aus „torusartigen“ Dichtestrukturen um einen Zentralkörper entstehen können, wie von Laplace früher behauptet.
Auch die Entstehung des Erdmondes bereitete einige Probleme, nachdem man nachweisen konnte, dass unter Drehimpulser-haltung der Erdmond früher sehr dicht an der Erde gewesen sein könnte. Dies war die Geburtsstunde der „Fissionshypothese“, ein Vorläufer des heute diskutierten „Impact-Trigger“-Modells. Schon um 1900 waren Katastrophen-Szenarien modern, und die Ent-stehung des Sonnensystems und andere Phänomene (Novae) wurden auf „Kollisionen“ von zwei Sternen zurückgeführt. Die von Woolfson am Ende seines Buches bevorzugten Entwicklungsprozesse im Sonnensystem erinnern teilweise an frühere tabuisierte Ideen von Immanuel Velikovsky („Welten im Zusammenstoß“).
In den 41 Kapiteln seines Buches mit ansprechenden Farbgrafiken versteht es Woolfson meisterhaft, das Auf und Ab vieler Mo-dellvorstellungen zur Planetenentstehung anzusprechen und seine eigenen Lösungen vor dem Hintergrund der neu entdeckten extrasolaren Planetensysteme kritisch darzulegen. Der Experte vermisst vielleicht einige grundlegende Aspekte (z. B. Planetenrota-tionen) oder mag ihm nicht in allen Details folgen („Biggish-Bang Hypothesis“), aber das Buch gibt eine ausgezeichnete Gesamt-schau heutiger sich schnell wandelnder Vorstellungen über Prozesse der Planetenentstehung. Dr. Eugen Willerding, Argelander Institut für Astronomie, Universität Bonn

M. Woolfson: The Formation of the Solar System. Theories Old and New
Imperial College Press, London 2007, 340 S., ISBN 9781860948244

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