Titanic
Metin Tolan: Titanic, Piper, München 2011, 208 S.,geb., 17,99 Euro, ISBN 9783492054584
Metin Tolan
Praktisch in Echtzeit sank in James Camerons filmischem Meisterwerk die Titanic – doch woher hatte der Konstrukteur des eigentlich unsinkbaren Schiffs gewusst, dass das Schiff damals in der Nacht des 14. April 1912 frühestens anderthalb Stunden nach der Kollision mit dem Eisberg sinken, sich aber auch nicht viel länger als zweieinhalb Stunden über Wasser halten würde? Und wie sinkt ein Schiff idealerweise – wenn es denn schon nicht mehr zu retten ist? Fragen wie diese beleuchtet Metin Tolan in seinem jüngsten Werk, mit dem sich der physikinteressierte Leser bestens auf das 100-jährige Jubiläum des Titanic-Untergangs einstimmen kann. Um all die Berechnungen und Analysen entsprechend würdigen zu können, sollte man Camerons Film vor der Lektüre des Buches natürlich gesehen haben.
Bereits mit seinen Vorträgen über Star Trek und seinem Buch zur Physik in James Bond-Filmen hat sich Metin Tolan einen Namen gemacht. Auf den ersten Blick scheint sich im Epos „Titanic“ gar keine Physik zu verbergen, oder doch? Schon nach kurzer Betrachtung macht Tolan klar, dass die Physik hilft, um zentrale Filmszenen zu erklären. Und diese nimmt der Physikprofessor nun genau unter die Lupe: Da wird zunächst die Titanic „gewogen“, erklärt, wie schnell ein solch großes Schiff überhaupt fahren kann, wie viel Kohle für den Antrieb verbrannt wird und wieso die Titanic die dazu erforderliche Energie nicht aus dem Meerwasser ziehen kann. In diesem lehrreichen und äußerst unterhaltsamen Buch erfahren wir aber noch viel mehr, so rechnet Tolan genau vor, wie groß die Lecks gewesen sein müssen, die der Eisberg in die Seite der Titanic gerissen hat und wieso das Schiff danach unweigerlich sinken musste. Metin Tolan verdeutlicht sogar, dass es sinnvoller gewesen wäre, das Schiff frontal auf den Eisberg zu steuern, weil es sich dann über Wasser hätte halten können. Aber der Kapitän musste in der Schicksalsnacht in Sekundenschnelle entscheiden und hatte leider nicht dieses informative Buch vorliegen.
Der Haupttext ist allgemeinverständlich geschrieben und erklärt alle wichtigen physikalischen Prinzipien ohne Formeln. Dadurch ist er auch für Laien nachvollziehbar. Die Berechnungen verbergen sich in den zahlreichen Fußnoten, die man lesen kann, aber nicht muss. Das Buch ist erfrischend geschrieben, immer mal wieder mit einem kleinen Augenzwinkern versehen und lässt sich wunderbar lesen. Zum Schluss erfährt man sogar, wieso der Film leider kein Happy End haben konnte: Denn die Dichte von Wasser ist deutlich höher als die von Luft. Daher musste Jack Dawson im Wasser unweigerlich erfrieren, während Rose DeWitt Bukater auf der Holzplanke so lange ausharren konnte, bis die Rettungsboote zurück kamen. Nicht nur Liebhaber des Filmes sollten unbedingt zu diesem Buch greifen, um der Titanic genauestens auf den Grund zu gehen, auch jeder andere physikinteressierte Leser wird daran viel Freude haben!
Maike Pfalz