25.10.2007
Vom Hintereingang zum Hauptportal?
Vogt, A.
Kennen Sie Hertha Sponer? Was wissen Sie über die bahnbrechenden Arbeiten von Hedwig Kohn? Wie war die Situation von Naturwissenschaftlerinnen in der Weimarer Republik? Das gerade erschienene Buch von Annette Vogt geht der Frage nach, ob es Frauen in der Wissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts − in dem die wohl berühmteste deutsche Physikerin Lise Meitner erfolgreich unser Bild des Atomkerns mitbestimmt hat − gelungen ist, aus einer Außenseiterposition („vom Hintereingang“) zu einer etablierten Position („dem Hauptportal“) zu gelangen.
Die Geschichte von Frauen in den Naturwissenschaften, insbesondere der Physik an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen, ist bisher nur wenig beleuchtet worden. Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Buches ist daher schon zu Beginn, dass Lise Meitner „wesentlich mehr Kolleginnen hatte, als anzunehmen war“. Dadurch ist die 550 Seiten umfassende Studie von Annette Vogt, Expertin für Pionierinnen in den Naturwissenschaften am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, eine sprudelnde Quelle von Informationen. Es ist spannend, mehr über den Lebensweg von Naturwissenschaftlerinnen in den Forschungsinstituten Berlins, deren wissenschaftliche Forschungssituation und ihre Arbeitsbedingungen zu erfahren. So werden die Leistungen der Medizinerin Annelise Wittgenstein, der Chemikerin Marthe Vogt oder der Physikerin Gerda Laski dargestellt − um nur einige wenige der vielen beeindruckenden Frauen aufzuzählen, die im Buch zu finden sind.
Zusätzlich hat Annette Vogt eine fundierte historische Einordnung der Rahmenbedingungen vorgenommen, unter denen die Arbeiten entstanden sind. So sind die Lebenswege der Wissenschaftlerinnen mit einer ausführlichen Darstellung der sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Situation von Wissenschaftlerinnen verbunden, die akribisch recherchiert und sehr gut aufgearbeitet sind. Auch der umfangreiche Anhang – u. a. Tabellen aller Habilitationen von Wissenschaftlerinnen an deutschen Hochschulen zwischen 1918 und 1945 – ist sehr positiv hervorzuheben. Er enthält zudem viele Fotos.
Annette Vogts Fazit: Berlins Naturwissenschaftlerinnen „standen schon einmal am Haupteingang der akademischen Gebäude. Dann wurden sie zurück an die Hintereingänge verwiesen. Langsam bewegen sie sich erneut zum Haupteingang vor.“ Dies lässt hoffen, dass die notwendige Gleichberechtigung der Geschlechter im naturwissenschaftlichen Kontext im 21. Jahrhundert endlich näher rückt.
Lisa Glagow-Schicha und Prof. Dr. Cornelia Denz, Institut für Angewandte Physik, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
A. Vogt: Vom Hintereingang zum Hauptportal?
Lise Meitner und ihre Kolleginnen an der Berliner
Universität und in der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft
Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2007, 550 S., geb., ISBN 9783515088817
Die Geschichte von Frauen in den Naturwissenschaften, insbesondere der Physik an deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen, ist bisher nur wenig beleuchtet worden. Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Buches ist daher schon zu Beginn, dass Lise Meitner „wesentlich mehr Kolleginnen hatte, als anzunehmen war“. Dadurch ist die 550 Seiten umfassende Studie von Annette Vogt, Expertin für Pionierinnen in den Naturwissenschaften am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, eine sprudelnde Quelle von Informationen. Es ist spannend, mehr über den Lebensweg von Naturwissenschaftlerinnen in den Forschungsinstituten Berlins, deren wissenschaftliche Forschungssituation und ihre Arbeitsbedingungen zu erfahren. So werden die Leistungen der Medizinerin Annelise Wittgenstein, der Chemikerin Marthe Vogt oder der Physikerin Gerda Laski dargestellt − um nur einige wenige der vielen beeindruckenden Frauen aufzuzählen, die im Buch zu finden sind.
Zusätzlich hat Annette Vogt eine fundierte historische Einordnung der Rahmenbedingungen vorgenommen, unter denen die Arbeiten entstanden sind. So sind die Lebenswege der Wissenschaftlerinnen mit einer ausführlichen Darstellung der sich verändernden politischen und gesellschaftlichen Situation von Wissenschaftlerinnen verbunden, die akribisch recherchiert und sehr gut aufgearbeitet sind. Auch der umfangreiche Anhang – u. a. Tabellen aller Habilitationen von Wissenschaftlerinnen an deutschen Hochschulen zwischen 1918 und 1945 – ist sehr positiv hervorzuheben. Er enthält zudem viele Fotos.
Annette Vogts Fazit: Berlins Naturwissenschaftlerinnen „standen schon einmal am Haupteingang der akademischen Gebäude. Dann wurden sie zurück an die Hintereingänge verwiesen. Langsam bewegen sie sich erneut zum Haupteingang vor.“ Dies lässt hoffen, dass die notwendige Gleichberechtigung der Geschlechter im naturwissenschaftlichen Kontext im 21. Jahrhundert endlich näher rückt.
Lisa Glagow-Schicha und Prof. Dr. Cornelia Denz, Institut für Angewandte Physik, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
A. Vogt: Vom Hintereingang zum Hauptportal?
Lise Meitner und ihre Kolleginnen an der Berliner
Universität und in der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft
Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2007, 550 S., geb., ISBN 9783515088817