18.09.2003

Von Grashalmen und Hochhäusern Mechanische Schöpfungen in Natur und Technik

Vogel

Von Grashalmen und Hochhäusern Mechanische Schöpfungen in Natur und Technik

Von S. Vogel.
Wiley-VCH, Weinheim 2000. XI + 363 S., Broschur,
ISBN 3-527-40303-5

Die Natur hat eine Vielzahl physikalischer Effekte in den Dienst der Evolution gestellt, deren vorteilhafte Nutzung wesentlich zum Erfolg der biologischen Arten beigetragen hat, sich im Kampf ums Dasein durchzusetzen und zu behaupten. In diesem Buch erkundet Steven Vogel kenntnisreich und sachverständig die Technik der Natur im Spiegel der Physik und entdeckt für den Leser eine große, kaum zu überblickende Vielfalt von Gemeinsamkeiten, aber auch von Unterschieden der von der Natur verwirklichten und der von Menschen erdachten Technik. Der Leser erfährt, zum Beispiel, was der Tintenfisch mit einem Strahlantrieb, der Wasserläufer mit einem selbst-startenden Siphon zu tun hat, und ob der Kolibri seine Flügel ähnlich wie ein Hubschrauber benutzen kann. Auch die im Buchtitel genannten Grashalme und moderne Hochhäuser lassen sich miteinander vergleichen: schlanke mechanische Strukturen, die auf Windlasten oder Erdbebenstöße unterschiedlich mit elastischen Biegeschwingungen reagieren. Das Sachverzeichnis der studierten Phänomene und Begriffe am Ende des Buches nimmt allein 37 Seiten ein, weitere 26 Seiten füllen die Anmerkungen des Verfassers, die den Weg zu den aktuellen und historischen Quellen weisen sollen, aus denen er geschöpft hat.

Der Autor entwickelt ein Beziehungsgeflecht, indem er seine Gedanken etwas selbstverliebt von einem Phänomen zum anderen fliegen lässt. Das macht die Lektüre des Buches unterhaltsam, aber die weitschweifenden Erklärungen geben dem Leser kaum Gelegenheit zum Verweilen bei einem Gegenstand, um sachliche Einwände oder mögliche Bedenken gegen die Folgerungen anzubringen, die kritische Leser bei so weitreichenden Schlüssen gelegentlich haben müssen. Bei dem bekannten Schiffswellenmuster (Abb.10.8 auf Seite 212) erwartet der mit Oberflächenwellen etwas vertraute Leser, zum Beispiel, dass die Wellenberge des transversalen Systems zum Schiff hin gekrümmt sind, um sich mit denen des radialen Systems auf dem "Kelvinkeil" in lauter Schnabelspitzen zu treffen. Die Skizze im Buch zeigt - im Widerspruch zum Dispersionsgesetz der Wellen - die entgegengesetzte Krümmung - handelt es sich um einen Fehler, oder meint der Autor ein anderes Phänomen, das nicht erklärt und vom Leser nicht verstanden wird?

Verunsichert durch begriffliche Unklarheiten hat der Rezensent die Übersetzung an zahlreichen Stellen mit dem amerikanischen Original ("Cat¿s Paws - Mechanical Worlds of Nature and People". W. W. Norton & Company, USA, 1998, und Penguin Books, Ltd., Great Britain, 1999) verglichen. Die Recherche ergab, dass der Übersetzer offenbar von seiner Aufgabe überfordert war. Ein paar Beispiele unter vielen: "A lumbering human" mag wohl ein plumper Mensch sein, aber kein vollgestopfter (S. 36). Ein Klettverschluss ("velcro" oder, ausführlicher erklärt, "hook-and-loop fastener") ist kein Haken-und-Ösen-Kleber (S. 256). Elastisches Material besitzt "stiffness" (Steifigkeit), die Härte eines Materials ist nicht das Gleiche (S. 72). Rätselhaft bleibt, wieso "shafts" (Achsen, Achswellen) im Buch durch ein im Deutschen bisher unbekanntes Wort, Schaften, übersetzt werden
(S. 139).
Prof. Dr. Wolfgang Bürger, Institut für Theoretische Mechanik, Universität Karlsruhe

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