Weiße Löcher – Ein neues Bild des Universums
Carlo Rovelli: Weiße Löcher – Ein neues Bild des Universums, Rowohlt, Hamburg 2023, 160 S., geb., 24 Euro, ISBN 9783498003630
Carlo Rovelli
Der italienische Physiker und erfolgreiche Sachbuchautor Carlo Rovelli ist bekannt durch seine Arbeiten zur Schleifenquantengravitation. In seinem neuen Buch berichtet er davon, dass Albert Einstein im Jahr 1915 „einen Brief von einem jungen Kollegen“ erhält. Gemeint ist Karl Schwarzschild, der damals mit 41 Jahren nicht mehr jung und zudem sechs Jahre älter als Einstein war. Auch lässt er Schwarzschilds geistigen Spaziergang im Land von Einsteins Ideen etwas abgeschmackt „zwischen den Leichen der Deutschen und Russen“ an der Ostfront stattfinden, wo Schwarzschild damals stationiert war.
Solche feuilletonistischen Exkurse prägen dieses sehr schmale Bändchen, in dem es Rovelli im Wesentlichen um seine Arbeiten zu den hypothetischen Weißen Löchern geht, den Gegenstücken zu Schwarzen Löchern. Während aus den Schwarzen Löchern nichts entkommt, strömt aus den Weißen Löchern Materie und Strahlung, was zu kosmologischen Spekulationen Anlass gegeben hat.
Das mag faszinierend sein, aber darüber lernt man bei Rovelli erstaunlich wenig. Statt beim Thema zu bleiben, plaudert er über das Cherokee-Blut seines Mitarbeiters Hal Haggard, zitiert immer wieder Dante, verweist auf Homer oder Tolkien und leistet sich poetisierende Diskurse in durchgängiger Kleinschreibung. Auf S. 116 liefert Rovelli eine Ratio für seine Art zu schreiben, bei der er Laien nur die Faszination vermitteln möchte, aber nicht die Details, die er wiederum den Kundigen vorenthält. Dabei kommt sein Buch mit zu wenig Text und viel zu viel leeren Seiten heraus.
Beispielhaft möchte ich aus dem Abschnitt zitieren, in dem es um die Überlegungen des Physikers David Finkelnsteins zu Dürers Stich „Melancolia“ geht. Die Melancholie, heißt es da, resultiere aus der „Unmöglichkeit, zum Absoluten zu gelangen“. Rovelli schreibt: „(nicht für mich. im gegenteil: mir erscheint dies als quelle eines süßen taumels, des taumels der leichtigkeit, der unbeständigkeit des zarten realen, von dem wir ein Teil sind ...)“. Wem das gefällt, dem kann ich das Buch empfehlen. Allen anderen nicht.
Alexander Pawlak