28.01.2014

10 Jahre Ernst Ruska-Centrum

Einzigartige Einblicke in die Welt der Atome.

Mit dem Ernst Ruska-Centrum (ER-C) betreiben das Forschungszentrum Jülich und die RWTH Aachen unter dem Dach der Jülich Aachen Research Alliance ein Kompetenzzentrum für atomar auflösende Elektronenmikroskopie und -spektroskopie auf international höchstem Niveau. Die nach dem Erfinder des Elektronenmikroskops benannte Gemeinschaftseinrichtung auf dem Jülicher Campus ermöglicht Wissenschaftlern aus ganz Deutschland einen einzigartigen Einblick in die Welt der Atome und entwickelt neue Methoden für die Materialforschung. Gestern feierte das ER-C seinen 10. Geburtstag.

Abb.: Das Elektronenmikroskop PICO kann Atomabstände und -verschiebungen mit einer Genauigkeit von nur einem Pikometer messen.(Bild: FZ- Jülich)

„Die Ausstattung des ER-C ist weltweit führend“, freut sich Prof. Rafal Dunin-Borkowski vom Jülicher Peter Grünberg Institut, der sich die Leitung des ER-C mit Prof. Joachim Mayer vom Gemeinschaftslabor für Elektronenmikroskopie der RWTH Aachen teilt. Das ER-C setzt Elektronenmikroskope der neusten Generation ein, um globale Herausforderungen wie eine klimafreundliche Energieversorgung oder eine energieeffiziente Informationstechnologie anzugehen: „Wir forschen beispielsweise an Materialien für bessere Lithium-Ionen-Akkus oder für leistungsfähigere Datenspeicher“, erläutert Mayer.
Da die elektronischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften von Materialien wesentlich auf der Anordnung der Atome basieren, aus denen sie bestehen, können atomare Fehler oder eine Verzerrung der Anordnung der Atome die Eigenschaften von Werkstoffen beeinflussen. Angesichts zunehmend kleiner werdender Bauelemente, etwa in der Informationstechnologie, werden präzise Einblicke in die Welt der Atome und die dort ablaufenden Prozesse immer wichtiger. Sie ermöglichen es, gezielt eingreifen zu können und so zum Beispiel neue Materialien zu entwickeln.

So erforschen die Wissenschaftler des ER-C beispielweise Ferroelektrika. Daten, die in diesen Materialien gespeichert werden, könnten anders als im Arbeitsspeicher heutiger Computer auch nach dem Ausschalten des Rechners erhalten bleiben. Mit einem hochauflösenden Elektronenmikroskop haben Forscher des ER-C erstmals direkt beobachtet, dass sich die charakteristischen Ladungsverschiebungen in einem ferroelektrischen Material nahezu kontinuierlich drehen lassen. Dieser Drehsinn, mit oder gegen den Uhrzeigersinn, eröffnet einen Weg, auf kleinstem Raum ein digitales Bit zu realisieren – und damit einen Weg zu nichtflüchtigen Arbeitsspeichern, die sich sehr dicht mit Daten beschreiben lassen.

Auch andere Wissenschaftler aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Industrie profitieren von den leistungsfähigsten Elektronenmikroskopen unserer Zeit am ER-C. 50 Prozent der Nutzungszeit stehen auswärtigen Forscherinnen und Forschern zur Verfügung.

Zum Gerätepark gehörte von Beginn an der Prototyp eines aberrationskorrigierten Transmissions-Elektronenmikroskops, der einen unvermeidbaren Abbildungsfehler elektromagnetischer Linsen kompensiert und im Vergleich zu bisherigen Elektronenmikroskopen ein erheblich verbessertes Auflösungsvermögen besitzt.

Es wurde 2006 ergänzt um zwei Titan 80-300-Mikroskope mit den ersten serienmäßig produzierten Aberrationskorrektoren und einer Auflösung von 80 Pikometern sowie im Jahr 2011 um PICO, eines von nur zwei Elektronenmikroskopen weltweit, die einen weiteren Fehler, den Farbfehler der Linsen, kompensieren. PICO besitzt ein Auflösungsvermögen von 50 Pikometern und kann Atomabstände und Atomverschiebungen mit einer Genauigkeit von nur einem Pikometer messen.

Abb.: Die simulierten elektronenmikroskopischen Abbildungen von Aluminiumnitrid zeigen den Fortschritt des Auflösungsvermögens von Transmissionselektronenmikroskopen. Die Auflösung links beträgt 80 pm, rechts hingegen 50 pm, wie mit PICO erreicht. (Bild: FZ-Jülich)

Den Prototypen der Aberrationskorrektur entwickelten in den 1990er-Jahren Prof. Maximilian Haider von der CEOS GmbH, Heidelberg, Prof. Harald Rose, Seniorprofessor an der Universität Ulm, und Prof. Knut Urban vom Forschungszentrum Jülich. Sie haben dafür renommierte Wissenschaftspreise erhalten, darunter den israelischen Wolf-Preis und den diesjährigen „Frontiers of Knowledge Award“ der BBVA-Stiftung in der Kategorie Grundlagenforschung.

Im Nutzerbetrieb bietet das ER-C neben elektronenoptischen Spitzengeräten auch Einrichtungen zur Probenpräparation und zur Voruntersuchung elektronenmikroskopischer Präparate. Außerdem unterstützen die Wissenschaftler des ER-C die externen Nutzer mit ihrem methodischen Know-how etwa bei der Analyse von Messdaten.

Ihre methodische Kompetenz bringen die Wissenschaftler des ER-C außerdem in die Kooperation mit dem Elektronenmikroskop-Hersteller FEI ein. So helfen sie, die selbst entwickelten und an FEI lizenzierten Software-Pakete TrueImage und ATLAS in die Programmroutinen der High-End-Geräte des Unternehmens zu integrieren. TrueImage wird zur Bildanalyse bereits weltweit angewendet. ATLAS dient der Diagnose des momentanen elektronenoptischen Gerätezustands. Die Experten des ER-C arbeiten weiter ständig daran, Software und Methoden zu perfektionieren.

FZ-Jülich / LK

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