30 Jahre ESA
Am 31. Mai 1975 legten zehn europäische Staaten den Grundstein für die gemeinsame Weltraumorganisation ESA.
Am 31. Mai 1975 legten zehn europäische Staaten den Grundstein für die gemeinsame Weltraumorganisation ESA.
Darmstadt (dpa) - In kosmischen Dimensionen sind 30 Jahre nicht mehr als ein Wimpernschlag - für das vereinte Europa dagegen eine beachtliche Zeitspanne. Als zehn europäische Staaten am 31. Mai 1975 den Grundstein für die gemeinsame Weltraumorganisation (ESA) legten, demonstrierten sie, dass sie bei der Eroberung des Alls mit dabei sein wollten. Nach anfänglichen Misserfolgen gehört Europa heute mit der Trägerrakete Ariane zu den drei großen Weltraummächten. An diesem Mittwoch (1. Juni) wird Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Kontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt zu einer Feierstunde erwartet.
In der Raumfahrt zeigt sich die Bedeutung der Europäischen Einheit deutlich. Alleine hätte kein Staat mit den Großmächten mithalten können. Gemeinsam jedoch gelang es ihnen, sich insbesondere vom Monopol der USA zu befreien, die europäische Satelliten nur transportierten, wenn sie ausschließlich für experimentelle Zwecke genutzt wurden. Heute sitzt die ESA bei internationalen Projekten wie der Raumstation ISS als gleichberechtigter Partner am Tisch.
Die Erfolgsgeschichte begann mit dem geglückten Start der Trägerrakete «Ariane» 1979. Nach den erfolglosen Versuchen mit dem Vorgängermodell «Europa» hatten die anderen Raumfahrtnationen nicht mit diesem Durchbruch gerechnet. Die Entwicklung kam genau zum richtigen Zeitpunkt: In den 80er Jahren wurden etliche kommerzielle Satelliten für private Rundfunk- und Telefonanbieter ins All geschossen. Mit «Ariane 4» konnte Europa bis zu 60 Prozent des weltweiten Bedarfs decken: Mehr als 180 Satelliten von 1988 bis 2003.
Bei der Raketen-Entwicklung musste die ESA allerdings auch Rückschläge hinnehmen. So wurde 1996 eine «Ariane-5» kurz nach dem Start gesprengt, weil sie vom Kurs abgekommen war. Zum Fiasko entwickelte sich der Jungfernflug der «Ariane-5-Plus», die mit einer Nutzlast von zehn Tonnen in eine neue Dimension vordringen sollte. Sie musste wegen eines Triebwerkschadens ebenfalls nach dem Start zerstört werden. Erst zwei Jahre später gelang die Premiere. Zurzeit wird an einem Nachfolge-Modell mit zwölf Tonnen Nutzlast gearbeitet. Damit sollen die Transportkosten von derzeit 12 000 Euro pro Kilogramm halbiert werden.
Verabschieden musste sich Europa von seinen ehrgeizigen Plänen der eigenen Raumstation «Columbus» und des Raumgleiters «Hermes». Diese Großprojekte konnten nicht finanziert werden. Ersetzt wurden sie durch die Mitarbeit bei der Internationalen Raumstation ISS. Aus Kostengründen setzen die großen Weltraumagenturen seit Jahren auf Kooperation. So reiste der ESA-Lander «Huygens» mit der US-Sonde «Cassini» zum Saturn. Bei seiner Landung auf dem Saturnmond Titan im Januar lieferte er sensationelle Bilder.
Die wissenschaftlichen Erfolge der ESA, die in diesem Jahr über ein Budget von knapp drei Milliarden Euro verfügt, sind inzwischen beachtlich. Für die weltweite Klima-Überwachung liefert sie vor allem mit ihrem Satelliten «Envisat» wichtige Daten. In der Mondsonde «Smart-1» 2003 wurde ein neuer Ionen-Antrieb für künftige Planetenbesuche getestet.
Vor einem Jahr wurde «Rosetta» auf die zehn Jahre dauernde Jagd nach dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko geschickt, und Ende dieses Jahres soll der «Venus-Express» auf die Reise gehen. Geplant ist außerdem in den kommenden Jahren der Aufbau des satellitengesteuerten Navigationssystems Galileo. Damit könnte sich Europa auch auf diesem Gebiet von der US-Vorherrschaft des Satellitennavigationssystems GPS befreien.
Ingo Senft-Werner, dpa
Die ESA-Zentren in Europa
Die Europäische Weltraumorganisation ESA beschäftigt rund 1900 Mitarbeiter. Sie hat in fast allen Mitgliedstaaten Niederlassungen. ESA-Mitglieder sind zurzeit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, Niederlande, Schweden, Belgien, Dänemark, Schweiz, Irland, Österreich, Norwegen, Finnland, Portugal und Griechenland. Die größten Zentren sind:
ESA-Zentrale Paris. Die Hauptverwaltung ist der Sitz des Generaldirektors Jean-Jacques Dordain.
ESOC Darmstadt: Das Kontrollzentrum ist für den Betrieb der Satelliten verantwortlich - bislang rund 50. Dafür steht ein Netz von sieben Bodenstationen von Belgien bis Australien zur Verfügung.
EAC Köln: Im Astronautenzentrum werden zurzeit 13 Weltraumfahrer für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation ISS fit gemacht.
ESTEC Noordwijk (Niederlande): Das Forschungs- und Technologiezentrum testet die Instrumente der Satelliten und Sonden.
ESRIN Frascati (Italien): Das Archiv der ESA. Hier werden die Daten der Satelliten verarbeitet und verteilt.
ESAC Villafranca (Spanien): Das Zentrum für Weltraumastronomie wertet die Informationen der meisten wissenschaftlichen Missionen aus.
Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guyana/Südamerika): Start- und Testzentrum des europäischen Raketensystems Ariane. dpa sew yyhe tim
Chronologie - Große Ereignisse aus 30 Jahren europäischer Raumfahrt
November 1977: «Meteosat-1», der erste europäische Wettersatellit, wird mit einer US-Rakete in die Erdumlaufbahn gebracht.
Dezember 1979: Die erste Trägerrakete der ESA «Ariane-1» startet erfolgreich in den Weltraum. Die Rakete bringt eine 200 Kilogramm schwere Experimentierkapsel in eine geostationäre Umlaufbahn.
Dezember 1983: Das europäischen Weltraumlabor «Spacelab-1» wird mit dem Space Shuttle «Columbia» der NASA in den Orbit geschickt. Mit Ulf Merbold ist bei dem zehntägigen Flug erstmals ein ESA-Astronaut dabei.
Oktober 1997: An Bord der US-Muttersonde «Cassini» hebt die Sonde «Huygens» zu einem siebenjährigen Flug zum Planeten Saturn ab. Am 14. Januar 2005 erreicht sie den Saturnmond Titan und sendet spektakuläre Daten von dem wolkenverhangenen Mond zur Erde.
Dezember 2002: Kurz nach dem Start zum Jungfernflug wird die neueste Trägerrakete «Ariane-5-Plus» mit wertvollen Kommunikationssatelliten an Bord wegen technischer Probleme gesprengt. Gesamtschaden: mehr als 600 Millionen US-Dollar (damals knapp 600 Millionen Euro). Bereits 1996 war eine «Ariane-5» vom Kurs abgekommen und musste zerstört werden. Schaden: mehr als 850 Millionen US-Dollar.
September 2003: Die erste europäische Mondsonde «SMART-1» macht sich mit einer «Ariane-5»-Rakete auf den Weg. 13 Monate später liefert sie Nahaufnahmen des Erdtrabanten.
Februar 2004: Der britische Marslander «Beagle-2» wird offiziell für verloren erklärt. Seit seiner Ankunft auf dem Mars am 25. Dezember 2003 hatte er keine Signale gesendet. «Beagle-2» war mit der ESA-Sonde «Mars Express» zum Roten Planeten gestartet, die zahlreiche Daten vom Mars geliefert hat.
März 2004: Die Raumsonde «Rosetta» startet vom Raumfahrtbahnhof Kourou in Französisch-Guyana zu einer bisher einmaligen Kometenjagd. Die ESA übernimmt die Führung der Sonde auf ihrem zehnjährigen Flug zum Kometen Tschurjumow-Gerassimenko. Im Jahr 2014 soll «Rosetta» den Kometen auf seinem Weg in Richtung Sonne begleiten und den Lander «Philae» auf ihm absetzen.
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