01.02.2017

500 Terabyte komprimiert in einem Bild

Neues Verfahren zur Analyse der Daten der Erd­beob­ach­tungs­satel­liten Sentinel.

Bis Ende 2017 werden die Satellitenmissionen Sentinel-1, -2 und -3 des europä­ischen Copernicus-Pro­gramms ein täg­liches Daten­volumen von mehr als zwanzig Tera­byte gene­rieren. Ange­sichts dieser Daten­mengen sind neue Aus­wer­tungs­ver­fahren erfor­derlich. Deshalb haben Wissen­schaftler am Earth Obser­vation Center des Deutschen Zentrums für Luft- und Raum­fahrt den TimeScan-Pro­zessor en­twickelt und erfolg­reich getes­tet. Mit Hilfe der neuen Anwen­dung wird aus einer Viel­zahl von Satel­liten­auf­nahmen, die über einen län­geren Zeit­raum aufge­nommen wurden, ein einziges Infor­mations­produkt heraus­gear­beitet. Für den Test wurden über 450.000 Auf­nahmen des ameri­ka­nischen Landsat-Satel­liten aus dem Zeit­raum 2013 bis 2015 verar­beitet und als "TimeScan-Landsat-2015"-Produkt veröf­fent­licht.

Abb.: Globaler TimeScan-Landsat-2015-Daten­satz. (Bild: DLR)

Das "TimeScan-Landsat-2015"-Produkt ist ein bislang einzig­artiger globaler Daten­satz, der in kompak­ter Form Infor­ma­tionen über die Beschaf­fen­heit der Land­ober­fläche liefert. Die rund fünf­hundert Tera­byte an Einzel­auf­nahmen wurden auf ein Zwanzig­stel der ursprüng­lichen Größe kompri­miert und können nun in Form eines globalen, wolken­freien Daten­satzes darge­stellt werden. Die Entwick­lung soll Wissen­schaftler und Ent­schei­dungs­träger in Planungs- und Umwelt­behörden unter­stützen und unter anderem zu einem besseren Ver­ständnis des welt­weiten Phäno­mens der Urbani­sierung bei­tragen. Sobald umfas­sende globale Zeit­serien an Sentinel-Daten vor­liegen, sollen diese auch als TimeScan-Daten­sätze verfüg­bar gemacht werden. Diese bieten auch außer­halb des urbanen Kontexts ein großes Poten­zial für ein breites Anwen­dungs­spektrum, zum Beispiel für Forschungs­fragen des globalen Wandels mit Bezug auf Land­bedeckungs- und Land­nutzungs­kartie­rungen, Land­wirt­schaft, Forst­wirt­schaft, Über­wachung von Polar- und Küsten­regionen, Risiko­manage­ment, Kata­strophen­vor­sorge oder Ressourcen­manage­ment.

Das gesamte Verfahren ist für enorme Datenmassen ausgelegt und soll End­nutzern ermög­lichen, die Infor­ma­tionen aus solchen – bislang für sie nicht hand­hab­baren – Daten­mengen zu erschlie­ßen. Anders als bisher werden die verwen­deten Satel­liten­auf­nahmen daher nicht mehr zu den End­nutzern trans­feriert, sondern zunächst auf großen Rechen­clustern verar­beitet, idealer­weise unmit­tel­bar dort, wo die Daten von den Satel­liten empfan­gen werden. Dadurch ent­fällt die Ver­teilung immenser Daten­mengen an eine Viel­zahl einzel­ner Nutzer, die für ihre weiter­füh­renden Aus­wer­tungen zudem keine eigene Hoch­leis­tungs­rechner-Infra­struktur haben müssen. Viel­mehr wird nur das End­pro­dukt der TimeScan-Verar­beitung an den End­nutzer gelie­fert und dessen Größe nimmt ledig­lich einen Bruch­teil des ursprüng­lichen Ein­gangs­volumens an Daten ein.

Bei dem TimeScan-Landsat-2015 handelt es sich nicht, wie bei anderen globalen Satel­liten­bildern üblich, um ein ein­faches Bild­mosaik. Statt­dessen wurden von den multi­spek­tralen Landsat-Auf­nahmen spezielle Para­meter zu Vege­tation, Gewässern oder Besied­lung abge­leitet und deren zeit­liche Charak­te­ristik in Form von Minimum, Maximum und Mittel­wert statis­tisch beschrie­ben. „Die Landsat-Mission hat in den letzten vier Jahr­zehnten über vier Milli­onen Bilder aufge­nommen und eignet sich daher ideal, um die Verar­bei­tung von Massen­daten, wie sie die Sentinel-Missionen in den kommen­den Jahren liefern wird, mit dem TimeScan-Pro­zessor zu testen“, erläu­tert Projekt­leiter Thomas Esch. „Unser globaler Daten­satz hat eine räum­liche Auf­lösung von dreißig Metern pro Bild­punkt. Dafür mussten wir insge­samt mehr als 1,5 Peta­byte an Daten verar­beiten.“ Mit Hilfe des End­produkts können beispiels­weise global bebaute Flächen in einer bisher uner­reich­ten Genauig­keit auto­mati­siert kartiert werden. Dafür wird der Daten­satz zusammen mit einem komple­men­tären Produkt ausge­wertet, das auf Basis von Sentinel-1 Radar­auf­nahmen gerech­net wurde. Darüber hinaus werden mit seiner Hilfe welt­weit Bebauungs­dichten und Grün­flächen­anteile inner­halb von Sied­lungs­gebieten abge­leitet.

Das TimeScan-Landsat-2015-Produkt ist auf der vom EOC koordi­nierten „Urban Thematic Exploi­tation Plat­form“ verfüg­bar und kann in naher Zukunft von jedem über den U-TEP-Geo­browser einge­sehen werden. U-TEP ist eine von sechs „Earth Obser­vation Exploi­tation“-Platt­formen. Die Initia­tive wurde 2014 von der ESA ins Leben gerufen, um in Vorbe­reitung auf die europä­ischen Sentinel-Missionen neue Tech­niken zur Infor­mations­gewin­nung aus Erd­beob­ach­tungs­daten zu ent­wickeln.

DLR / RK

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