24.10.2006

Abschied von der BLK

Nach 36-jähriger Arbeit wurde das Ende der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) eingeläutet.

 

Berlin (dpa) - Abschied von einer Institution: Nach der Föderalismusreform und dem Rückzug des Bundes aus der Bildungspolitik wurde am Montag nach 36-jähriger Arbeit das Ende der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) eingeläutet. In der Bildungspolitik wollen die zuständigen Minister von Bund und Ländern künftig nur noch auf äußerster Sparflamme zusammenwirken. Für überregionale Fragen der Forschungspolitik wird eine Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) eingerichtet. Um den Sitz wird zwischen Bonn und Berlin noch heftig gerungen.

Die Gründung der Bund-Länder-Kommission im Juli 1970 war Ergebnis stürmischer Debatten über Mängel und Kompetenzen bei der deutschen Bildung - ähnlich wie sie heute noch immer geführt werden. Damals wie heute ging es um zu wenig Abiturienten und Akademiker, fehlende Studienplätze, mangelnde Durchlässigkeit von Schulformen, nicht vorhandene Bildungschancen für Kinder armer Familien und Forderungen nach mehr frühkindlicher Bildung und Vorschulerziehung.

Dabei waren die Länder in Sachen Zusammenwirken nicht immer so distanziert gegenüber dem Bund wie heute. Als die Wirtschaft in den 60er Jahren händeringend nach mehr Fachkräften rief und Autoren wie Georg Picht («Die deutsche Bildungskatastrophe») die drohende technologische Überlegenheit des Ostens gegenüber dem Westen beschworen, riefen die Länder-Kultusminister 1964 den Bund zu Hilfe: «In einem demokratischen Bundesstaat kann und darf Bildungsplanung nur in einer steten Wechselwirkung zwischen den Ländern und dem Bund erfolgen», heißt es in dem damaligen einstimmigen Länder-Beschluss - von dem heute freilich keiner mehr etwas wissen will.

Dem Bund war sofort klar, dass das teuer wird. Die Länder wollten zwar gern das Geld, ansonsten aber auf ihre Kulturhoheit pochen und sich bei der Bildung nicht reinreden lassen. Nach anfänglicher Distanz forderten 1968 alle Bundestagsfraktionen eine Rahmenkompetenz des Bundes für die Bildung - was die Länder wiederum zurückschrecken ließ. Erst nach langem Tauziehen im Vermittlungsausschuss kam es schließlich zur Verfassungsänderung. Die gemeinsame Bildungsplanung wurde als Kann-Vorschrift ins Grundgesetz eingefügt. 1975 kam die weniger strittige gesamtstaatliche Forschungsförderung hinzu.

Über 300 Modellversuche für eine bessere Bildung wurden von der BLK gefördert, unter anderem die ersten Gesamtschulen, der gemeinsame Unterricht von behinderten- und nicht-behinderten Kindern. Zu den BLK-Projekten aus jüngster Zeit gehört SINUS - das Programm zur Verbesserung des Mathematik-Unterrichts, nachdem die deutschen Schüler bei der PISA-Vorgänger-Studie TIMSS so miserabel abgeschnitten hatten. Schlagzeilen in den vergangenen Jahren machte vor allem die Vier-Milliarden-Euro-Hilfe des Bundes zum Aufbau von Ganztagsschulen.

Konfliktfrei war die Zusammenarbeit in den 36 Jahren nie - auch wenn die Länder stets gern vom Bundesgeld profitierten. So ließ sich Baden-Württemberg in den 70er Jahren seine heute stolz präsentierten Berufsakademien kräftig vom Bund mitfinanzieren. Zunächst maßlos empört waren die Kultusminister von Union und SPD, als ihnen in den 80er Jahren der damalige Bundesbildungsminister Jürgen Möllemann (FDP) gleich mehrere milliardenschwere Hochschulsonderprogramme anbot, die sich später als sehr wirkungsvoll erwiesen. Auch um die Exzellenzinitiative zum Aufbau von Elite-Universitäten in der Forschung wurde in der BLK zunächst erbittert gerungen.

Doch nach dem neuen Aufgabenzuschnitt von Bund und Ländern mit der Föderalismusreform wird es künftig in Sachen Bildung nur noch lose Bildungsminister-Treffen geben. Verabredet werden dabei etwa PISA-Teilnahmen, Bildungsberichte oder Schülerwettbewerbe. Entscheidender wird hingegen die Bund-Länder-Zusammenarbeit bei der Forschung in der neu einzurichteten Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz. Ein Büro soll laut Satzung «am Sitz der Bundesregierung» entstehen, worunter inzwischen fast alle Länder Berlin verstehen - Nordrhein-Westfalen hingegen noch immer Bonn.

Karl-Heinz Reith, dpa

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