28.03.2023 • Energie

Abwärme zu Strom

Titan hilft bei der Optimierung thermoelektrischer Materialien.

In Zeiten knapper Energie sind nachhaltige Wege zur Energie­gewinnung essentiell. So könnten zum Beispiel thermoelektrische Materialien zur Umwandlung von Abwärme in Energie genutzt werden. Allerdings ist diese Umwandlung bisher nicht effizient genug, um im industriellen Großmaßstab verwendbar zu sein. Um die Effizienz zu steigern und grünen Strom aus Abwärme zu erzeugen, ist ein besseres Verständnis der funktionellen und strukturellen Eigenschaften der thermo­elektrischen Materialien nötig. Einem Forschungsteam unter Leitung des Düsseldorfer Max-Planck-Instituts für Eisen­forschung (MPIE) ist es nun gelungen, die Mikro­struktur eines viel­versprechenden neuen thermo­elektrischen Materials zu optimieren und somit den Weg zur industriellen Nutzung dieser Materialien zu ebnen.

 

Abb.: Chemie und atomare Anordnung der Korngrenzen bestimmen den...
Abb.: Chemie und atomare Anordnung der Korngrenzen bestimmen den Elektronentransport, und somit die elektrische Leitfähigkeit. Titanreiche Korngrenzen leiten Elektrizität besser (links) als eisenreiche Korngrenzen (rechts). (Bild: R. Bueno Villoro / MPIE)

Die Mikrostruktur der meisten Metalle und thermoelektrischer Materialien besteht aus Kristallen, sogenannten Körnern. Die Struktur und Zusammen­setzung der Körner und der Räume zwischen ihnen, den Korngrenzen, sind für die thermische und elektrische Leit­fähigkeit thermoelektrischer Materialien entscheidend. Frühere Forschungs­arbeiten haben gezeigt, dass Korngrenzen sowohl die thermische als auch die elektrische Leitfähigkeit des Materials verringern. Optimal ist allerdings eine niedrige thermische Leitfähigkeit, damit die Wärme beziehungs­weise Energie im Material bleibt, und eine hohe elektrische Leit­fähigkeit, um möglichst viel Wärme in Energie umzuwandeln. Ziel der Forschungs­gruppe des MPIE, der Northwestern University (USA) und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoff­forschung Dresden war es, die Korngrenzen so zu optimieren, dass nur die thermische Leitfähigkeit verringert wird, ohne die elektrische Leitfähigkeit zu beeinträchtigen. Sie verwendeten eine Legierung aus Niob, Eisen und Antimon, die bei mittleren bis hohen Temperaturen thermisch und mechanisch robust ist und deren Elemente reichlich verfügbar und unschädlich sind.

„Wir haben mit Raster­transmissions­elektronen­mikroskopen und Atomsonden die Mikrostruktur der Legierung bis auf die atomare Ebene untersucht. Unsere Analyse hat gezeigt, dass die Chemie und die atomare Anordnung der Korngrenzen optimiert werden müssen, um die elektrischen und thermischen Eigenschaften zu verbessern. Je kleiner die Körner im Material, desto höher die Anzahl der Korngrenzen und desto schlechter die elektrische Leitfähigkeit“, sagt Ruben Bueno Villoro, Doktorand in der unabhängigen Forschungs­gruppe „Nanoanalytik und Grenzflächen“ von Christina Scheu am MPIE und Erstautor der Veröffentlichung.

„Es ist nicht sinnvoll, die Körner im Material zu vergrößern, da größere Körner die Wärmeleitfähigkeit erhöhen würden und wir somit Wärme und damit Energie verlieren. Deswegen mussten wir einen Weg finden, die elektrische Leitfähigkeit trotz der kleinen Körner zu erhöhen“, erklärt Siyuan Zhang, Projektleiter in derselben Forschungs­gruppe und korrespondierender Autor der Veröffentlichung. Die Lösung ist, das Material mit Titan anzureichern, das sich unter anderem an den Korngrenzen ansammelt und damit die elektrische Leitfähigkeit erhöht.

Nachdem der Einsatz von Titan die elektrische Leit­fähigkeit des Materials verbessert hat, ohne die Wärme­leitfähigkeit zu beeinflussen, analysiert das Forschungsteam nun Möglichkeiten, Titan gezielt nur an den Korngrenzen einzusetzen, ohne das ganze Material mit Titan anzureichern. Diese Strategie spart Kosten und erhält die ursprüngliche chemische Zusammen­setzung des thermo­elektrischen Materials weitestgehend. Die aktuelle Forschungs­arbeit zeigt, wie funktionelle Eigenschaften mit der atomaren Struktur eines Materials verbunden werden können, um gezielt bestimmte Eigenschaften zu optimieren.

MPIE / DE

 

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