10.02.2021

Älteste Karbonate im Sonnensystem

Ionensonde lieferte die Altersdatierung des Flensburg-Meteoriten.

Ein 2019 in Nord­deutschland nieder­gegangener Meteorit enthält Karbonate, die zu den ältesten im Sonnensystem überhaupt zählen und zugleich einen Nachweis der frühesten Aktivität flüssigen Wassers auf einem Kleinplaneten darstellen. Das haben Messungen mithilfe der hoch­auflösenden Ionensonde an der Universität Heidelberg ergeben. Die Untersuchung durch die Kosmo­chemie-Forschungs­gruppe unter der Leitung von Mario Trieloff war Teil einer an der Universität Münster koor­dinierten Studie, an der Wissenschaftler aus Europa, Australien und den USA beteiligt waren.

Abb.: Flensburg-Meteorit mit schwarzer Schmelz­kruste: Teile der...
Abb.: Flensburg-Meteorit mit schwarzer Schmelz­kruste: Teile der Schmelz­kruste gingen beim Flug durch die Atmo­sphäre verloren. Das 24,5 Gramm schwere, kleine Bruch­stück ist etwa 4,5 Milliarden Jahre alt. (Bild: A. Bischoff, M. Patzek, U Münster)

Karbonate sind allgegen­wärtige Gesteine auf der Erde. Sie sind in den Gebirgszügen der Dolomiten, den Kreidefelsen auf Rügen oder in den Korallen­riffen von Ozeanen zu finden. Da sie das Treibhausgas CO2 in großen Mengen der Atmosphäre entziehen, sind sie klimarelevant. Im Gegensatz zur heutigen Erde existierten auf der Urerde während ihrer Entstehung keine Karbonatgesteine, weil diese glühend heiß war. Der im September 2019 über der Erde nieder­gegangene Meteorit, der nach seinem Fundort auf den Namen Flensburg getauft wurde, gehört zur Klasse der kohligen Chondriten. Sie stellen eine besondere und seltene Form der Steinmeteorite dar. Wie Addi Bischoff und Markus Patzek von der Universität Münster betonen, handelt es sich um einen einzig­artigen Fund: „Das Gestein war im frühen Sonnensystem durch­greifend einem wässrigen Fluid ausgesetzt, wodurch sich wasser­haltige Silikate und Karbonate bildeten.“ Die Wissen­schaftler, die am Institut für Planetologie forschen, sehen in dem Meteoriten einen möglichen Baustein, der in der Frühphase dem Planeten Erde das Wasser gebracht haben könnte.

Die Alters­datierung wurde an der Universität Heidelberg mithilfe der Ionensonde vorgenommen. „Solche Messungen sind außerordentlich schwierig und anspruchs­voll, weil die Karbonat­körner im Gestein extrem klein sind und präzise Isotopen­messungen auf engstem Raum von nur wenigen Mikrometern Durchmesser durchgeführt werden müssen“, erläutert Thomas Ludwig vom Institut für Geowissenschaften. Die Datierungs­methode beruht auf den Zerfalls­raten eines natürlich vorkommenden Isotops – dem Zerfall des kurzlebigen Radionuklids 53Mn, das im frühen Sonnensystem noch aktiv war.„Die bislang präzisesten Datierungen mit dieser Methode ergaben, dass der Mutter­asteroid des Flensburg-Meteoriten und die Karbonate sich nur drei Millionen Jahre nach Entstehung der ersten Festkörper im Sonnensystem gebildet haben“, sagt Trieloff. Somit sind sie mehr als eine Million Jahre älter als vergleich­bare Karbonate in anderen kohligen Chondrittypen.

Neben den hochpräzisen Datierungen mithilfe des Radionuklids 53Mn wurden die winzigen Karbonat­körner mit der Heidelberger Ionensonde auch auf ihre Kohlenstoff- und Sauerstoff­isotopen­zusammensetzung untersucht. Demnach wurden die Karbonate kurz nach Entstehung und Aufheizung des Mutte­rasteroiden aus einem noch relativ heißen Fluid ausgeschieden. „Sie bezeugen damit auch das früheste bekannte Vorkommen von flüssigem Wasser auf einem planetaren Körper im jungen Sonnen­system“, sagt Trieloff.

U. Heidelberg / JOL

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