04.03.2022 • Energie

Alkali-Iod-Batterie als Pufferspeicher

Konzept einer Flüssigmetall-Batterie gewinnt Innovationswettbewerb.

Ein unscheinbarer Stahl­zylinder – rund sieben Zentimeter im Durchmesser und zehn Zentimeter hoch – könnte der Energiewende einen dringend benötigten Schub verleihen. Denn die Flüssig­metall-Batterie, die Juhan Lee und sein Team am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf HZDR entwickelt haben, glänzt vor allem durch ihren einfachen und kosten­günstigen Aufbau. Die Jury des HZDR-Innovations­wettbewerbs zeigte sich zudem beeindruckt, dass sich die Batterie am Ende ihrer Lebenszeit gut recyceln lässt. Die Preisverleihung findet am 8. März statt.

Abb.: Funktionsprinzip der Flüssigmetall-Batterie: Beim Entladen gibt Lithium...
Abb.: Funktionsprinzip der Flüssigmetall-Batterie: Beim Entladen gibt Lithium Elektronen ab und löst sich in der Salzmischung, beim Laden gibt Iod beim Übergang in die molekulare Form Elektronen ab. (Bild: HZDR / blaurock)

Die Idee für das Batterie­konzept hatte Juhan Lee während seiner Arbeit am Projekt Solstice (Sonnenwende). Bei dem Vorhaben, das die Europäische Union über das Forschungs­programm Horizont 2020 mit acht Millionen Euro fördert, wollen Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler des HZDR zusammen mit ihren Projekt­partnern neuartige Stromspeicher auf der Basis von flüssigem Natrium und flüssigem Zink entwickeln. „Auch wenn es sich bei dem Stromspeicher meines Kollegen Juhan Lee strenggenommen um eine Hochtemperatur-Batterie handelt, arbeitet sie doch bei einer angenehm niedrigen Betriebs­temperatur“, sagt Tom Weier vom Institut für Fluiddynamik. „Die Arbeits­temperatur des geschmolzenen Salzes liegt bei etwa 240 Grad Celsius.“ Für tragbare Geräte wie Smartphones oder Laptops ist sie deshalb nicht geeignet. Und auch für Kraftfahrzeuge ist sie wegen des flüssigen Zell­inventars und der nötigen Wärme­dämmung eher unpraktisch. Aber das stört nicht, denn die Forschenden zielen mit ihrer Batterie ohnehin auf ein ganz anderes Anwendungs­gebiet ab. 

„Das hohe Potential von Flüssig­metall-Batterien wie der unseren liegt dort, wo große Anlagen ständig Energie speichern und wieder abrufen“, erläutert der Material­wissenschaftler Juhan Lee. „Nämlich als Pufferspeicher zur Stabi­lisierung des Energiesystems.“ Das ist besonders deshalb wichtig, da erneuer­bare Energie­quellen wie Sonne und Wind nicht grundlastfähig sind. Das heißt, sie stehen nicht rund um die Uhr gleichmäßig zur Verfügung. „An solche Pufferspeicher werden einige Anfor­derungen gestellt“, erklärt Weier „Sie müssen günstig in der Herstellung sein und sich einfach skalieren lassen. Beide Heraus­forderungen soll unser neuer Batterietyp in Zukunft meistern.“ 

Die Batterie besteht derzeit noch aus einem Nickelschwamm mit eingebettetem Lithium als Anode, einem keramischen Isolator und einer Salzmischung, die bei Betriebs­temperatur flüssig ist. Zur Ableitung der Elektronen im unteren Zellbereich dient ein Graphitfilz. Kompli­zierte Membranen, die bei anderen Batterie­konzepten nötig sind, gibt es hier nicht. Beim Entladevorgang gibt das im Nickel­schwamm eingebettete Lithium Elektronen ab und löst sich im Salz. Beim Ladevorgang läuft dieser Prozess in umgekehrter Richtung ab, sodass der Nickel­schwamm am Ende wieder mit metallischem Lithium gefüllt ist. Im unteren Bereich der Zelle geht Iod von der ionischen in die molekulare Form über und tauscht dabei Elektronen mit dem Graphitfilz aus. 

Der einfache Aufbau hat gleich mehrere Vorteile: Selbst für eine Serien­produktion wären keine Hightech-Fertigungs­linien erforderlich. Der Preis der Batterie basiert also zum größten Teil auf den Kosten des Materials – und die sind vergleichbar mit denen bewährter Batterie­technologien. Auch am Ende ihrer Lebenszeit kommt der einfache Aufbau zum Tragen, denn beim Recycling lässt sich die Batterie sehr leicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen. „Andere Batterie­konzepte basieren auf ziemlich intensiven Materialmixen auf Nanometer-Ebene“, erklärt Weier. „Um diese beim Recycling wieder auseinander­zubekommen, bedarf es zum einen intelligenter Lösungen, zum anderen ist dafür aber auch viel Energie notwendig. Das ist bei unserem Konzept anders.“ An ihrem Lebensende angekommen, wird die Batterie geladen und abgekühlt. Das Salz verfestigt sich und das Lithium liegt als massives Metall vor. Die einzelnen Materialien können entnommen und dem Wirtschafts­kreislauf wieder zugeführt werden. „Für uns ist das ein hervor­ragendes Beispiel von Nach­haltigkeit über den gesamten Lebenszyklus“, sagt der Forscher.

Einfacher Aufbau, kosten­günstige Produktion und nachhaltig vom ersten bis zum letzten Ladevorgang – das alles sind Argumente, mit denen Juhan Lee und sein Team jetzt auch beim HZDR-Innovations­wettbewerb punkten konnten. Bei diesem traten Anfang Dezember 2021 dreißig Forschende in elf Teams mit ihren innovativen Ideen an. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir die Jury mit unserem Ansatz überzeugt haben“, sagt der Material­wissenschaftler. „Denn als einer der Gewinner erhalten wir durch das Technologie­management des HZDR und Partner­einrichtungen wie dresden|exists oder die HighTech-Startbahn wertvolle Unterstützung für die Weiter­entwicklung unserer Idee bis hin zur Marktreife.

HZDR / JOL

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