Alphatrap-Experiment liefert erste Ergebnisse
Extrem genaue Messung des g-Faktors eines gebundenen Elektrons.
Forscher des MPI für Kernphysik berichten über das erste Ergebnis des Alphatrap-Experiments: Sie haben den g-Faktor eines gebundenen Elektrons in hochgeladenen borartigen Argon-Ionen mit einer zuvor unerreichten Genauigkeit von neun Dezimalstellen gemessen. Im Vergleich zu einer neuen hochpräzisen quantenelektrodynamischen Berechnung fanden sie eine hervorragende Übereinstimmung bis auf sieben Dezimalstellen. Das ebnet den Weg für empfindliche Tests der Quantenelektrodynamik in starken Feldern, wie die präzise Messung der Feinstrukturkonstanten α sowie den Nachweis möglicher Signaturen neuer Physik.
Die QED beschreibt die Wechselwirkung von geladenen Teilchen mit elektromagnetischen Feldern und ist die bislang am besten getestete physikalische Theorie. Sie liefert äußerst exakte Vorhersagen für physikalische Messgrößen und bisher wurde in keiner Messung eine Abweichung davon gezeigt. Dennoch ist es von fundamentalem Interesse, mögliche Grenzen der Gültigkeit der QED zu finden – denn das wäre ein Weg zu neuer Physik. Ein guter Zugang dafür ist ein hochpräziser Test unter extremen Bedingungen, beispielsweise bei extrem hohen Feldstärken.
Klaus Blaum und seine Mitarbeiter haben hierzu die magnetischen Eigenschaften von hochgeladenen Argon-Ionen in der neuen Ionenfalle Alphatrap mit hoher Präzision vermessen. Das untersuchte borartige Argon ist dreizehnfach geladen, und hat – wie das Element Bor - fünf Elektronen, aber eine deutlich höhere Kernladung von 18 Elementarladungen. Das elektrische Feld des Atomkerns, dem das äußerste Elektron ausgesetzt ist, ist dadurch im Vergleich zu Bor etwa um einen Faktor 900 erhöht.
Messgröße ist die Magnetisierung des Elektrons, die durch den g-Faktor bestimmt wird. Hierzu tragen im betrachteten Beispiel sowohl der Spin als auch der Bahndrehimpuls bei. Der g-Faktor als Verhältnis des magnetischen Moments des Elektrons zu seinem Gesamt-Drehimpuls ist ein Maß für die Stärke der magnetischen Wechselwirkung und kann mittels der QED sehr genau berechnet wie auch im Experiment mit vergleichbarer Genauigkeit bestimmt werden. Der Vergleich von Theorie und Experiment stellt daher einen empfindlichen Test der QED für gebundene Elektronen dar.
Für die Messung an einzelnen hochgeladenen Argon-Ionen kam erstmals die doppelte Penning-Ionenfalle Alphatrap zum Einsatz. Die Ionen werden durch ein starkes äußeres Magnetfeld auf eine Zyklotronbewegung um die Fallenachse gezwungen. Die ringförmigen Elektroden können auf verschiedene elektrische Spannungen gelegt werden und so das Ion an einem Entweichen entlang der Fallenachse hindern wie auch entlang dieser in gewünschter Weise transportieren. Im Präzisionsfalle genannten Teil wird die Zyklotronfrequenz zerstörungsfrei mit extrem hoher Genauigkeit gemessen. Gleichzeitig werden Mikrowellen eingestrahlt, die bei geeigneter Frequenz den Spin des Elektrons samt seiner Bewegung umklappen kann.
Diese Spin-Flips treten in Resonanz mit der Mikrowellenfrequenz am häufigsten auf. Um solche Quantensprünge nachzuweisen, wird das Ion in die dafür entwickelte Analysefalle transportiert, wo man die Ausrichtung des Spins anhand einer präzisen Frequenzmessung feststellen kann. Mit dieser Methode gelang dank der hohen Präzision und Stabilität des gesamten Aufbaus, den g-Faktor auf neun Stellen genau zu bestimmen.
Zum Vergleich wurde in der Theorie-Abteilung von Christoph Keitel und in einer weiteren Gruppe um Dmitry Glazov von der Universität St. Petersburg der g-Faktor für borartiges Argon neu berechnet, wobei neben QED-Beiträgen auch die Wechselwirkung mit den übrigen vier Elektronen und der Rückstoß des Atomkerns Berücksichtigung fanden. Es wurde eine Genauigkeit von sieben Stellen erreicht und der theoretische Wert stimmt auf diesem Niveau hervorragend mit dem experimentellen Resultat überein. Es handelt sich um einen der präzisesten Tests von QED-Beiträgen von Mehrelektronensystemen in starken Feldern und bereitet den Weg für zukünftige Messungen mit Alphatrap. Hierzu zählt auch die hochpräzise Bestimmung der Feinstrukturkonstante, welche als fundamentale Naturkonstante in der QED die Stärke der elektrischen und magnetischen Kräfte bestimmt.
MPIK / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung:
I. Arapoglou et al.: g Factor of Boronlike Argon 40Ar13+, Phys. Rev. Lett. 122, 253001 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevLett.122.253001 - Gepeicherte und gekühlte Ionen (K. Blaum), Max-Planck-Institut für Kernphysik, Heidelberg