29.04.2014

Alternatives Kerosin aus Sonnenlicht, Wasser und CO2

Virtueller Solarreaktor macht Reaktionsprozesse verständlich.

Eine internationale Forschergruppe hat im Projekt Solar-Jet (Solar chemical reactor demonstration and Optimization for Long-term Availability of Renewable Jet Fuel) zum weltweit ersten Mal Flugzeugtreibstoff aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt. Im Gegensatz zu herkömmlichem Kerosin, das aus Erdöl hergestellt wird, basiert der alternative Treibstoff auf fast unbegrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen und kann so in Zukunft einen entscheidenden Beitrag zur Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit des Luftverkehrs leisten. Zu den Projektpartnern zählen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, die ETH Zürich, das Bauhaus Luftfahrt, Shell Global Solutions sowie das Beratungsunternehmen Arttic.

Abb.: Um die komplexen Vorgänge innerhalb des Solarreaktors genauer zu verstehen, haben die DLR-Verbrennungsforscher den neuartigen ersten Prozessschritt im Computer simuliert. (Bild: SolarJet)

„Unser Grundgedanke ist es, den Verbrennungsprozess umzukehren. Das heißt, wir nehmen Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf als Emissionen, führen Energie zu und gewinnen so Treibstoff", erklärt Patrick Le Clercq, der das Projekt beim DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart betreut. Der dazu eingesetzte thermochemische Prozess besteht aus zwei Schritten.

Zunächst spalten die Wissenschaftler in einem an der ETH entwickelten Solarreaktor ein Metalloxid, das als Katalysator dient, in Metall- und Sauerstoff-Ionen. Die dazu benötigten hohen Temperaturen von bis zu 2.000 Grad Celsius lassen sich beispielsweise mit Hilfe von Solarreceivern erzeugen, welche die natürliche Sonnenstrahlung auffangen und konzentrieren. Dann leiten die Forscher Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf durch den Solarreaktor. Beide reagieren mit den Metall- und Sauerstoff-Ionen und es entsteht ein Synthesegas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid mit jeweils sehr hohem Reinheitsgrad.

Mit Hilfe des Fischer-Tropsch-Verfahrens entsteht aus dem Synthesegas anschließend Kerosin. Dieses großtechnische Verfahren ist bereits weltweit etabliert und zertifiziert für die Anwendung in der Luftfahrt. Für den so hergestellten Treibstoff sind somit keine neuen, umfangreichen Tests und Zulassungsverfahren notwendig.

Um die komplexen Vorgänge innerhalb des Solarreaktors genauer zu verstehen, haben die DLR-Verbrennungsforscher den neuartigen ersten Prozessschritt im Computer simuliert und konnten dabei auf langjährige Erfahrungen im Bereich der Entwicklung und Analyse alternativer Treibstoffe für den Luftfahrtsektor zurückgreifen. Das Resultat: ein „virtueller“ Solarreaktor, der mit rund neun Millionen einzelner Rechenoperationen auswertet, welche thermochemischen Reaktionen wann, wo und mit welchem Energieumsatz ablaufen. „Solche Modellierungen sind heute eine wichtige Voraussetzung für den Aufbau von Versuchsanlagen. So können die Projektpartner zeit- und kostenaufwändige experimentelle Versuche gezielt planen und das Gesamtsystem des Solarreaktors sowie die darin ablaufenden Einzelprozesse systematisch weiterentwickeln", beschreibt Le Clercq.

Nachdem die Projektpartner die Machbarkeit des Verfahrens auf Labormaßstab gezeigt haben, werden sie im nächsten Schritt den Solarreaktor weiter optimieren sowie technische und wirtschaftliche Umsetzungsmöglichkeiten auf industriellem Maßstab untersuchen. Das Projekt Solar-Jet ist im Januar 2011 gestartet und wird von der Europäischen Kommission im Zuge des Siebten Rahmenprogramms auf eine Dauer von vier Jahren gefördert. Der unter der Leitung der ETH entwickelte Reaktor ist auf der Internationalen Luft und Raumfahrtausstellung ILA vom 20. bis zum 25. Mai 2014 in Berlin am DLR-Stand zu sehen.

DLR / PH

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