Am Puls der Alpen
Projekt AlpArray ermöglicht Einsichten in Gebirgsentstehung und bessere Einschätzung der Erdbebengefahr.
Eingegraben unter Wiesen, versteckt in Scheunen, verankert am Grund des Mittelmeeres: 600 Sensoren, die auf den Alpen und in deren Umgebung platziert sind, bilden das weltweit ausgedehnteste seismologische Forschungsnetz. Das Projekt AlpArray soll neue Erkenntnisse zur Entstehung des Gebirges bringen und die Karten zur Erdbebengefahr in den Alpenregionen ergänzen. 36 Institutionen aus elf Ländern wirken am Projekt mit, das durch Forscher der ETH Zürich und der Universität Lausanne koordiniert und insbesondere durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt wird.
Abb.: Standorte der AlpArray-Sensoren (Bild: SNSF)
„Wir verwenden äußerst empfindliche Stationen“, erklärt György Hetényi, SNF-
Ein Ziel des Projekts besteht darin, den Aufbau und die Zusammensetzung der Lithosphäre (bis hundert Kilometer unter den Alpen) und des oberen Erdmantels (bis 660 Kilometer) genauer zu bestimmen. Bis in solche Tiefen sind die Reste von subduzierten ehemaligen Meeresböden zu finden, die dutzende von Millionen Jahre alt sein können. „Die tektonischen Bewegungen setzen sich an der Oberfläche fort und verursachen die aktuellen Erdbeben in den Alpenregionen“, erklärt der Geophysiker. Mit den gesammelten Daten lassen sich die von den einzelnen europäischen Ländern geführten Kataloge über seismische Ereignisse vergleichen und standardisieren und so die Schätzungen zur Wahrscheinlichkeit von Erdbeben verfeinern.
Die Hälfte des Netzes bilden bereits vorhandene stationäre Seismographen. Die andere Hälfte besteht aus mobilen Sensoren, die während der zweijährigen Projektdauer zur Verfügung gestellt wurden und sowohl unterirdisch als auch in Alphütten untergebracht sind. „Die Partner zu überzeugen, so viele Stationen gleichzeitig bereitzustellen, war nicht einfach, doch es war die einzige Möglichkeit, dieses Netz zu tragbaren Kosten aufzubauen. Nur vier Länder mussten neue Sensoren kaufen.“ AlpArray wurde von der Schweiz lanciert und wird von Edi Kissling und Irene Molinari von der ETH Zürich, John Clinton vom Schweizerischen Erdbebendienst sowie György Hetényi von der Universität Lausanne geleitet. Der Schweizer Teil des Projekts wird durch einen Sinergia-
Die Sensoren wurden nach dem Vorbild von Bienenwaben in einem sechseckigen Netz platziert. „Das war die effizienteste Art, die geometrische Anordnung der Fixstationen zu einem dichten Netz auszubauen“, erklärt György Hetényi. „Kein Punkt in der untersuchten Region ist weiter als dreißig Kilometer von einem Sensor entfernt.“ AlpArray erstreckt sich über mehr als 200 Kilometer um die Alpen, von den Pyrenäen bis nach Ungarn und von Frankfurt bis Korsika. Dreißig Sonden wurden auf dem Grund des Mittelmeeres installiert. „Erst nachdem wir diese im vergangenen Februar wieder an die Oberfläche holten, wussten wir mit Sicherheit, dass sie funktioniert hatten, denn die Wassersäule darüber verunmöglicht eine kabellose Übertragung“, führt der Forscher weiter aus. Die tiefstgelegene Station befindet sich 2771 Meter unter Meer, die höchste in 3005 Metern Höhe.
Die Kartografie des alpinen Untergrunds funktioniert wie eine Ultraschallaufnahme: Die Sonden zeichnen das Echo der seismischen Wellen auf, die von den tiefen Erdschichten zurückgeworfen werden. Wenn man den Zeitpunkt des Auftreffens der Wellen bei verschiedenen Sensoren vergleicht, lässt sich über Triangulation die Position der Schicht und auch ihre Zusammensetzung bestimmen, da diese die Geschwindigkeit der Wellen verändert.
Der Ursprung der registrierten Erdstöße befindet sich bei kleineren Erdbeben in Europa sowie bei leichten Erderschütterungen überall auf der Erde. Das Netz kann sogar Umgebungsgeräusche auswerten, zum Beispiel das Geräusch des Seegangs, und so Informationen zu den geologischen Strukturen nahe der Oberfläche gewinnen, d.h. in einigen Dutzenden Kilometern Tiefe. Das AlpArray-
SNF / DE