28.12.2020

Am Puls des Stroms

Langzeituntersuchung der Netzfrequenz zeigt Stabilitätsfaktoren auf und bestätigt Skalierungsgesetz.

Im Zeitalter erneuerbarer Energien wird die Netzfrequenz ein immer wichtigerer Indikator für die Stabilität der Stromversorgung. Ein interdisziplinärer Forschungsverbund analysiert unter Federführung der Helmholtz-Gemeinschaft Frequenzfluktuationen in zwölf synchronen Netzgebieten auf drei Kontinenten. Für die Datenaufzeichnung haben Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) einen tragbaren, GPS-synchronisierten Rekorder mit einer neuen Messtechnik entwickelt.

 

Abb.: Der am KIT entwickelte Daten­rekorder verwendet einen GPS-Empfänger und...
Abb.: Der am KIT entwickelte Daten­rekorder verwendet einen GPS-Empfänger und zeichnet Roh- und Frequenz­daten mit sehr hoher Auflösung auf. (Bild: A. Bramsiepe, KIT)

Die Netzfrequenz und ihre Schwankungen liefern Forschern unterschiedlicher Disziplinen spannende Informationen für das Stromnetz. Sie zeigen vor allem, ob und in welchem Maß das Netz stabil ist, also inwieweit Erzeugung und Nachfrage sich die Waage halten. Sie lassen unter anderem aber auch Rückschlüsse darauf zu, wie sich Störungen und Ausfälle auswirken oder auch welchen Einfluss die Einspeisung aus erneuerbaren Energiequellen hat. Internationale Experten aus Mathematik, Physik und den Ingenieur­wissenschaften haben nun Frequenzdaten in Europa, den USA und Afrika gemessen und genauer unter die Lupe genommen.

Ein Team des Instituts für Automation und angewandte Informatik (IAI) am KIT stellte für diese großangelegte Messkampagne von insgesamt rund 430 Tagen mehrere neuartige Aufnahme­geräte zur Verfügung. Der am IAI entwickelte Electrical Data Recorder (EDR) verwendet einen GPS-Empfänger zur Zeit­synchronisation und ermöglicht die Aufzeichnung von Roh- und Frequenzdaten mit sehr hoher Auflösung. Das Gerät ist tragbar und in der Lage, die Rohdaten über einen sicheren VPN-Tunnel direkt in die Datenbank „Large Scale Data Facility“ am Steinbuch Centre for Computing des KIT zu übertragen, wo sie für Forschungszwecke weiterverarbeitet werden. „Unser Rekorder ist nicht nur hochleistungs­fähig, sondern auch praktisch zu handhaben“, erläutert Heiko Maaß vom IAI. Um die Messungen an einem bestimmten Ort zu starten, braucht der EDR nur eine Steckdose. Wenn kein Internet zur Verfügung steht, kann er die Daten über mehrere Wochen lokal speichern.

Für die Verbundforschungen sind die Geräte mittlerweile um die halbe Welt gereist. Die insgesamt 1,27 Gigabyte Frequenzdaten aus dem 50 Hertz- bzw. 60 Hertz-Bereich wurden an 17 Stationen in insgesamt zwölf unterschiedlichen, synchronen Netzgebieten von Kontinental­europa über die USA und Südafrika bis nach Island und die Färöer Inseln erfasst. Der Vergleich zwischen den heterogenen Gebieten zeigt: In kleineren Netzen sind die Frequenz­fluktuationen deutlich höher als in großen. „Je größer das Stromnetz, desto stabiler“, erklärt Richard Jumar vom IAI. „Dieser Befund bestätigt unsere bisherigen Annahmen, dass die Intensität der Frequenzschwankungen von der Größe des Netzes abhängt. Insbesondere ist damit das zugrunde liegende entsprechende Skalierungs­gesetz bestätigt.“

Das mittels der EDR-Messungen entstandene Daten­material wollen die Wissenschaftler über den Verbund hinaus der internationalen Forschungs­community zur Verfügung stellen. „Unsere Untersuchungen bieten großes Potenzial – nicht nur für die Entwicklung statistischer Modelle zur Frequenzdynamik, sondern später auch für die bessere Regulierung der Strom­versorgung, die sich immer mehr aus volatilen Energie­quellen speist“, betont Professor Veit Hagenmeyer, Instituts­leiter des IAI.

KIT / DE

 

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