Analyse des Erdbebens in Zentralitalien
Komplexe Tektonik in Italien ist für das hohe Bebenrisiko verantwortlich.
In der Nacht zum 24. August 2016 trat um 3:36 Ortszeit ein starkes Erdbeben in der Provinz Rieti in Zentralitalien auf. Das Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam hat für dieses Beben eine Magnitude von MW 6.2 und eine flache Herdtiefe von weniger als zehn Kilometern bestimmt. Dutzende Menschen fielen diesem Beben zum Opfer. Die Herdlösung zeigt einen Abschiebungsmechanismus auf einer NW-SO streichenden Fläche an, wie er typisch für krustale Beben in den Zentralen Apenninen ist. In den ersten drei Stunden nach dem Beben hat das GFZ etwa neun Nachbeben mit eine Stärke von MW >4 registriert.
Abb.: Etwa 170 nordöstlich von Rom ereignete sich das starke Beben am 24. August 2016 (Bild: GFZ)
Die Gebirgskette der Apenninen zieht sich im Zentrum Italiens von der Po Ebene im Norden bis zum Golf von Tarantola in Kalabrien. Die Apenninen entstanden in Folge der Subduktion der Adriatischen Platte unter Italien von Ost nach West. Die aktuelle Tektonik ist allerdings komplexer, da Italien zusätzlich von der Öffnung des Tyrrhenischen Meeres im Westen und der Konvergenz der Afrikanischen gegen die Europäische Platte beeinflusst wird. Im Zentralen Bereich des Apenninen Gürtels tritt dadurch Extensionstektonik auf, welche sich regelmäßig durch mittelstarke Abschiebungsbeben bemerkbar macht.
Etwa 50 Kilometer nord-nordwestlich des Epizentrums vom 24. August trat in 1997 die Umbria Marche Erdbebensequenz mit einer Magnitude von MW6 für das stärkste Ereignis auf. Etwa 50 Kilometer in Süd-Südost-Richtung fand in 2009 ein Erdbeben der Stärke MW 6.3 nache der Stadt L´Aquila statt. Das L´Aquila Beben wurde über mehrere Wochen von einer Sequenz von schwachen Vorbeben begleitet. Etwa 70 Kilometer süd-südwestlich trat am 13. Januar 1915 ein starkes Schadensbeben der Stärke M 6.7 nahe der Stadt Avezzano auf.
Zentralitalien ist von flacher krustaler Seismizität betroffen, welche sich häufig entlang vorhandener Störungszonen und entlang der Randverwerfungen des mittleren Grabens in den Apenninen ausbildet. Im nördlichen Apennin und unter Kalabrien werden zusätzlich Tiefherdbeben beobachtet. Die seismische Gefährdung ist über große Gebiete Italiens und im Bereich der Apenninen groß. Im Bereich des Erdbebens vom 24. August 2016 übersteigt die Bodenbeschleunigung statistisch gesehen mit zehnprozentiger Wahrscheinlickeit in 50 Jahren einen Wert von 3,5 m/s2.
Die Umbria MW 6 Bebensequenz in 1997 hatte zu elf Toten und etwa 80.000 zerstörten Häusern geführt. Das L´Aquila MW 6.3 Beben in 2009 ereignete sich in unmittelbarer Nähe der 34.000 Einwohner zählenden Stadt und hatte etwa 300 Todesopfer gefordert. Für das MW 6.7 Beben in 1915 werden etwa 32.000 Tote vermutet. In allen drei Fällen wurden aufgrund der geringen Tiefe Oberflächenrupturen beobachtet und teilweise sekundäre Schäden durch induzierte Erdrutsche. Die Stärke und Herdtiefe ist vergleichbar mit denen der Erdbeben von L´Aquila und Umbria Marche.
GFZ / JOL