Andreev-Zustände: tunneln in Josephson-Kontakten
Photon-Absorptions-Spektroskopie offenbart quantenphysikalische Grundlage der Tunneleffekte.
In Josephson-Kontakte können Cooper-Paare zwischen zwei Supraleitern durch eine isolierende oder normal leitende Barriere tunneln. Dieser Tunnelstrom-Effekt wird etwa für genaue Magnetflussmessungen mit SQUIDs oder für Spannungsstabilisatoren genutzt. Ein französisches Forscherteam analysierte den Josephson-Effekt nun im Detail und konnte die wichtige Rolle der bislang nur theoretisch vorhergesagten Andreev-Zustände experimentell belegen. Auf der Basis dieser Versuche könnte eine neue Klasse von Qubits für die Entwicklung extrem leistungsfähiger Quantencomputer aufbauen.
Abb.: Unter dem Mikroskop sind die filigranen Kontakte zwischen zwei Supraleitern (rechts und links) erkennbar. (Bild: C. Urbina, IRAMIS, CEA)
„Die Existenz dieser Andreev-Zustände wurde schon vor gut fünfzig Jahren vorhergesagt, aber ein unzweifelhaftes Experiment für den direkten Nachweis fehlte bislang“, sagt Cristián Urbina von der Quantronics Group am Forschungsinstitut Iramis in Gif-sur-Yvette nahe Paris. Um diese Wissenslücke zu schießen, entwarf Urbina zusammen mit seinen Kollegen einen Josephson-Kontakt, bei dem die beiden Supraleiter nur noch über ein einziges Atom miteinander verknüpft waren. Dazu deponierten sie einen metallischen Nanodraht auf einer flexiblen Unterlage. Durch Biegen dieses Träger ließ sich der Metallkontakt so weit ausdünnen, dass nur noch eine schwache, einatomige Überbrückung zwischen den Supraleitern vorlag.
Über diese atomare Brücke konnten nun die gepaarten Elektronen der Cooper-Paare von einem Supraleiter zum anderen tunneln. Schon in den 1960er Jahren erklärte der russische Physiker Alexander Andreev diesen Vorgang mit einer schwachen Verknüpfung, die zwei diskrete Energieniveaus annehmen kann, dem Andreev-Duplett. Für den experimentellen Nachweis dieser Andreev-Zustände nutzten Urbina und Kollegen eine ausgeklügelte Variante der Photon-Absorptions-Spektroskopie.
Abb.: Konstruktion, um den Josephson-Kontakt zwischen zwei Supraleitern – gelagert auf der filigranen Metallscheibe in der Mitte des Bildes – in einer Vakuumkammer zu vermessen. (Bild: C. Urbina, IRAMIS, CEA)
Dazu betteten sie die den zu untersuchenden Josephson-Kontakt in einen deutlich größeren ein, um gezielt die Anregung der Andreev-Zustände kontrollieren zu können. Ein Wechsel zwischen Grundzustand und angeregtem Andreev-Zustand konnte durch Mikrowellen initiiert werden. Deren Frequenz änderte sich proportional mit der an dem Josephson-Kontakt angelegten Spannung. Die Absorptionrate der Mikrowellen ließ sich direkt über den Stromfluss durch den einatomigen Josephson-Kontakt bestimmen. So diente in diesem Aufbau der Josephson-Kontakt des Spektrometers gleichzeitig als Mikrowellenquelle und Absorptionssensor. Die Messwerte bestätigten: Der Tunnelstrom verhielt sich genau so, wie es unter Annahme eines Andreev-Dupletts zu erwarten war.
Mit diesem Experiment konnte nicht nur eine grundlegende Theorie zu Tunneleffekten in Josephson-Kontakten untermauert werden. Laut Christián Urbina könnten die Andreev-Zustände selbst zum Bau neuer Basiseinheiten für extrem leistungsfähige Quantencomputer geeignet sein. Weitere Versuche sind aber notwendig, um diese weit in die Zukunft weisende Prognose von Urbina zu bestätigen.
Jan Oliver Löfken
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