23.06.2017

Angeregte Nachbarschaft

Singulett-Spaltung zeigt komplexes Verhalten – und kann die Effizienz organischer Solarzellen steigern.

In Zeiten von Klimawandel und Energiewende ist es wichtig, die Effizienz von organischen Solarzellen signifikant zu erhöhen. Während einer Singulett-Spaltung regt ein Lichtteilchen gleich zwei Elektronen an – möglicherweise die Basis, um den Strom aus Solarzellen drastisch zu steigern. Physikern und Chemikern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist es nun in einer internationalen Kooperation mit der Northwestern University in den USA gelungen, alle entscheidenden Zwischenschritte der Singulett-Spaltung zu erarbeiten und erstmals den exakten Mechanismus gänzlich zu beschreiben.

Abb.: Röntgenkristallographisch ermittelte Struktur der untersuchten Moleküle (Bild: B. S. Basel et al.)

Wird ein Molekül durch Licht in ein höheres Energieniveau angeregt, so können organische Solarzellen diese Energie nutzen, um elektrischen Strom zu erzeugen. Denn wenn ein Lichtteilchen auf ein Molekül trifft und dort absorbiert wird, ist es möglich, dass durch die überschüssige Energie eines Moleküls ein zweites Molekül in direkter Nachbarschaft elektronisch angeregt wird. Im Anschluss befindet sich dann in beiden Molekülen je ein Elektron in einem Zustand höherer Energie. Dieser Prozess wird als Singulett-Spaltung (Englisch: Singlet Fission, SF) bezeichnet und kann im günstigsten Fall zu einer fünfzigprozentigen Steigerung der Leistung von Solarzellen führen. Die Energie bleibt allerdings nicht endlos im Molekül erhalten und dieses gelangt wieder in den Ausgangszustand zurück. Das Prinzip der SF ist bereits seit fünfzig Jahren bekannt, sein exakter Mechanismus wird aber bis heute nicht gänzlich verstanden. Deshalb haben die Erlanger Forscher nun alle Zwischenschritte auf dem Weg vom angeregten zum ursprünglichen Zustand genauer untersucht.

Die FAU-Wissenschaftler um Dirk M. Guldi vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie haben gemeinsam mit internationalen Forschern hauptsächlich zwei verschiedene Methoden angewandt, um die Einzelschritte zu identifizieren. Da alle Prozesse, die innerhalb eines Moleküls nach der Anregung stattfinden, auf sehr schnellen Zeitskalen ablaufen, bedarf es dabei spektroskopischer Methoden, die zeitaufgelöst einen Einblick in die Einzelschritte nach der Anregung geben.

Zunächst untersuchen die Forscher spektroskopisch, wie sich die Absorptionseigenschaften des Moleküls während der Deaktivierung verändern. Bestimmte Zwischenstufen, sogenannte Intermediate, zeigen dabei Fingerabdrücke, die eindeutig zugeordnet werden können. Einige der Intermediate haben allerdings identische Absorptionseigenschaften, weshalb eine zweite Methode, die Elektronenspinresonanz-Spektroskopie, nötig ist. Denn manche Zwischenstufen unterscheiden sich im Spin der angeregten Elektronen. Durch die Verknüpfung der beiden Methoden ist es den FAU-Forschern gelungen, erstmals alle Intermediate zu entschlüsseln und ein vereinheitlichtes Modell der SF zu erarbeiten. Die Forscher erhoffen sich durch die Ergebnisse ihrer Arbeit ein noch zielorientierteres Moleküldesign, das langfristig eine SF-basierte Solarzelle ermöglicht.

FAU / DE

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