13.06.2016

Anomale Wasser-Abscheidung

Nanodrähte auf Kohlenstoffbasis geben absor­biertes Wasser bei steigender Luft­feuchte wieder ab.

Kieselgel, Zeolithe und andere poröse Substanzen nehmen umso mehr Wasser auf, je höher die Luft­feuchtig­keit der umge­benden Luft ist. Dank dieser Eigen­schaft eignen sie sich sehr gut als Trocknungs­mittel. Wissen­schaftler vom Pacific North­west National Labora­tory in den USA entdeckten jetzt rein zufällig ein Nano­material, dass sich genau umge­kehrt verhält. Bei geringer Luft­feuchte absor­bieren Nano­drähte aus Kohlen­stoff, Eisen und Schwefel wie erwartet Wasser. Steigt die Luft­feuchte jedoch an, scheidet das Material das zuvor gespei­cherte Wasser plötzlich ab. Dieses Verhalten sei von keinem anderen Material bekannt, so die Forscher.

Abb.: Winzige Bündel aus hydrophoben Nano­drähten nehmen erst Wasser auf, geben es aber bei zu­neh­mender Luft­feuch­tig­keit wieder ab (künst­lerische Illus­tra­tion; Bild: PNNL).

Satish Nune und seine Kollegen wollten mit ihren Experimenten magne­tische Nano­drähte unter dem Einsatz von ionischen Flüssig­keiten synthe­tisieren. Während ihrer Versuche bestimmten sie regel­mäßig das Gewicht der Nano­drähte, das über die Absorption von Wasser zuerst wie erwartet zunahm. Doch bei einer höheren Luft­feuchtig­keit von fünfzig bis achtzig Prozent wurde das Nano­material zur Über­raschung der Forscher leichter. Mit wieder­holten Versuchen konnten die Forscher Mess­fehler aus­schließen. Sie entdeckten die Ursache für die Gewichts­abnahme in einer plötzlichen Abscheidung des zuvor absor­bierten Wassers. Nune und Kollegen vergleichen das Verhalten ihres Materials mit einem Schwamm, der sich bei hoher Luft­feuchte plötzlich wie von selbst auswringt.

Mit Aufnahmen eines Raster­trans­missions­elek­tronen­mikro­skops unter­suchten die Wissen­schaftler den über­raschenden Effekt genauer. Wie sie heraus­fanden kondensiert über die Kapillar­konden­sation Wasser auf der hydro­phoben Ober­fläche und es bilden sich zwischen kleinen Bündeln der Nano­drähte winzige Tropfen. Die Ober­flächen­spannung des Wassers führt dazu, dass die Nano­drähte sich immer näher kommen und ein Tropfen nach oben gedrückt wird. Bei einem kritischen Abstand von andert­halb Nano­metern steigt die Ober­flächen­energie stark an und wirkt sich auf den Dampf­druck des Wassers aus. Binnen weniger Minuten geht die Hälfte des absor­bierten Wassers in die Dampf­phase über. Wird danach die Luft­feuchtig­keit wieder abge­senkt, beginnt der Prozess aber­mals und Wasser konden­siert auf der Ober­fläche der Nano­drähte.

Mit weiteren Versuchen wollen Nune und Kollegen den Einfluss des Materials und der Rand­be­dingungen genauer ermitteln. Sie denken außerdem an mögliche Anwendungen des Phänomens. Mit opti­mierter Größe und Form der Nano­drähte halten sie eine unkon­ven­tionelle Methode zur Konden­sation von Wasser aus relativ trockener Luft für möglich. Für funktio­nelle Sport­kleidung könnten Membranen aus solchen hydro­phoben Nano­drähten Wasser über die Kapillar­konden­sation aus der Umgebung auf­nehmen und bei steigender Luft­feuchtig­keit wieder gezielt nach außen abgeben.

Jan Oliver Löfken

RK

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