11.11.2020 • Atome und Moleküle

Anschwellende Ringpolymere

Die Makromeleküle verhalten sich unter Scherbelastung genau wie theoretisch vorhergesagt.

Forscher der Uni Wien stießen 2018 bei Simula­tionen und theoretischen Über­legungen auf das „Vorticity Swelling“, ein Anschwellen von Ring­polymeren unter Scher­belastung. Ein Experiment von Wissen­schaftlern der University of Illinois bestätigt jetzt, dass dieses Vorticity Swelling in der Realität tatsächlich vorkommt: Ringe unter Scher­belastung verhalten sich genau wie von der Theorie vorher­gesagt.

Abb.: Gemitteltes Flussfeld des simulierten Lösungs­mittels in...
Abb.: Gemitteltes Flussfeld des simulierten Lösungs­mittels in Fluss-Vortizitäts­ebene um das Polymer. Farb­kodierung zeigt Beträge der Geschwindig­keiten an, während Fluss­linien Aufschluss über die Richtung geben. Die Abbildung zeigt die typische Konfi­gu­ra­tion eines Polymer­rings, um die Position des Rings relativ zum Fluss­feld zu ver­deut­lichen. (Bild: C. Likos, U. Wien)

Christos Likos, Marisol Ripoll und Maxi­milian Liebetreu entdeckten 2018, dass bei der Scher­belastung von Ring­polymeren der Rück­fluss des Lösungs­mittels und die Ring­topo­logie zu einem bis dahin nicht fest­ge­stellten und von keinen anderen Polymeren bekannten Polymer­verhalten führen: Ein Anschwellen des Rings in der Richtung senkrecht sowohl zum Strömungs- als auch zum Geschwindig­keits­gradienten – also die Vorticity-Richtung, die dem Phänomen ihren Namen gibt. Das Phänomen war neu und unerwartet, die aus Theorie und Simulation gewonnenen Indizien jedoch aussage­kräftig. Was fehlte, war bislang ein experi­men­teller Nachweis.

Den erbrachten jetzt Charles Schroeder und seine Kollegen. Das Team verwendete durch Fluores­zenz markierte DNA-Ringe und baute einen maß­ge­schneiderten Scher­strömungs­apparat, um die Formen und Konfor­ma­tionen von Ring­polymeren unter Scher­strömung im Detail zu analy­sieren – genau denselben Aufbau, den die Theoretiker der Uni Wien zwei Jahre zuvor simuliert hatten. Und das Experiment bestätigte tatsächlich das theoretisch vorher­gesagt Anschwellen der Ring­polymere.

Liebetreu und Likos gingen inzwischen noch weiter und sagten eine Phase der vollen Dehnung des Rings bei Scher­geschwindig­keiten voraus, die noch höher sind als die experi­mentell getesteten – ein Phänomen, das als hydro­dynamische Inflation bezeichnet wird. Ob auch dieses experi­mentell bestätigt wird, ist im Moment noch offen.

U. Wien / RK

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