23.12.2003

Anti-Blasen blubbern abwärts

Nicht alle Blasen verhalten sich wie Sektperlen: So genannte Anti-Blasen sinken nach unten.

Anti-Blasen blubbern abwärts

Nicht alle Blasen verhalten sich wie Sektperlen: So genannte Anti-Blasen sinken nach unten.


Lüttich (Belgien) - Wer beim Blick ins Bierglas die kleinen Bläschen fallen und nicht aufsteigen sieht, muss nicht unbedingt zuviel getrunken haben. Denn belgischen Forschern gelang es nun, herabsinkende Anti-Blasen herzustellen. Bestehen klassische Blasen aus einem Gas wie zum Beispiel Luft umhüllt von einem dünnen Flüssigkeitsfilm, sind Anti-Blasen das exakte Gegenteil: Ein winziger Flüssigkeitstropfen ist dabei von einer relativ stabilen Lufthülle eingeschlossen. Wegen seines großen Gewichts sinkt diese Anti-Blase innerhalb einer Flüssigkeit langsam zu Boden und kollabiert, berichten die Wissenschaftler im Online-Magazin "New Journal of Physics".

"Anti-Blasen sind stabile Objekte mit einer Lebensdauer von rund zwei Minuten", erklärt Stephane Dorbolo von der Universität Lüttich. Ideale Herstellungsbedingungen erreichten sie mit einer wässrigen 0,1-prozentigen Seifenlauge. Über einen dünnen Kupferdraht ließen sie vorsichtig die Flüssigkeit auf die Oberfläche in einem Glas rinnen. Dabei besteht ein elektrischer Kontakt zwischen Draht und der Flüssigkeit im Behälter, um eine störende Potenzialdifferenz zu vermeiden. "Wenn eine Potenzial-Differenz existiert, wird der Luftfilm instabil", so Dorbolo.

Anti-Blasen sinken nach unten. (Quelle: Dorbolo)

Aufgrund der Oberflächenspannung und der geordneten Ausrichtung der Oberflächenmoleküle weist die Grenzfläche zwischen Luft und Wasser eine gewisse Elastizität auf. Kommt der kontinuierliche Fluss in Kontakt mit der Oberfläche, verschmilzt er nicht direkt mit den anderen Flüssigkeitsmolekülen. Vielmehr durchdringt er die Oberfläche und reist ab einer gewissen Größe aufgrund der Rayleigh-Plateau-Instabilität ab. Eine Anti-Blase mit einer hauchdünnen Lufthülle bildet sich und sinkt herab.

Der Radius der Anti-Blase ist analog zu Seifenblasen in der Luft etwa tausendmal größer als die umhüllende Luftschicht von rund drei Mikrometer Dicke. Weil die Lufthülle allerdings leicht komprimierbar ist, reagieren Anti-Blasen gegen Druckschwankungen und Erschütterungen deutlich empfindlicher. In einem weiteren Schritt gingen Dorbolo und Kollegen der Stabilität der Anti-Blasen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera (1000 Bilder pro Sekunde) näher auf den Grund. So wie eine Seifenblase in der Luft zerplatzt, brachten sie auch die Anti-Blasen durch einen Nadelstich zum Kollabieren. Innerhalb von 50 Millisekunden schießt dabei die eingeschlossene Flüssigkeit aus der Lufthülle heraus und verteilt sich.

Technisch könnte nach Meinung der Wissenschaftler diese gezielte Bildung von Anti-Blasen zur Herstellung von neuen Grenzschichten zwischen Flüssigkeiten genutzt werden. Doch konkrete Anwendungen liegen eher im Dunklen. Im Prinzip kann dieser Effekt kann je nach Oberflächenspannung auch in anderen, ungestörten Flüssigkeiten erzielt werden. Sollten jedoch in diesen Tagen Blasen beim Sektschlürfen herabsinken, scheint eher die eigene Wahrnehmung etwas getrübt zu sein.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • D. Weaire und S. Hutzler, The physics of foams, Clarendon Press, Oxford 1999.     
  • P.G. de Gennes, F. Brochard-Wyart und D. Quéré, Gouttes, bulles, perles et ondes, Belin, Paris 2002.     
  • S. Dorbolo und N. Vandewalle, Antibubbles: evidences of a critical pressure, Preprint:
    http://arxiv.org/abs/cond-mat/0305126

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