Antireflexschicht aus Nanostrukturen
Hohe Transmission bei stark reduzierter Lichtreflexion durch Nanosäulen auf der Oberfläche.
Der Nachtfalter macht es vor: Seine Augenoberflächen sind so beschaffen, dass sie einfallendes Licht kaum reflektieren. Keine Lichtreflexe – das schützt das Insekt bei Nacht davor, entdeckt zu werden. Weniger Reflexion bedeutet außerdem, dass das einfallende Licht optimal für das Sehen genutzt werden kann. Der Trick aus dem Reich der Insekten hat Wissenschaftler dazu inspiriert, ihn bei optischen Bauteilen anzuwenden. Auch hier ist eine hohe Lichtdurchlässigkeit gewünscht, während Lichtreflexionen stören. Bisher versieht man Linsen, Objektive, Bildschirme oder Laser-
Abb.: Minerva mit Tarnkappe: Die beiden linken Abbildungen zeigen das Emblem unter einer Quarzglasoberfläche mit 450 Nanometer hohen Säulen, die beiden rechten unter einer unstrukturierten Referenz. Der Durchmesser der Abbildungen beträgt jeweils 25 Millimeter. Die beiden oberen Bilder wurden unter einem Beobachtungswinkel von null Grad aufgenommen, die beiden unteren unter einem Winkel von dreißig Grad. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Transmission (oben), beziehungsweise die Reflexion (unten; Bild: Z. Diao, MPI-IS).
Genau das soll das Nachtfalter-Prinzip ändern. Die Forscher vom MPI für Intelligente Systeme haben sich das natürliche Vorbild genau angesehen. „Die Augenoberfläche ist von dicht nebeneinander stehenden, säulenartigen Strukturen übersät, die nur wenige Hundert Nanometer hoch sind und nach oben hin spitz zulaufen“, sagt Zhaolu Diao, der in der Abteilung „Neue Biomaterialien und Biosysteme“ unter der Leitung von Joachim Spatz forscht. Die Säulen bewirken, dass sich der optische Brechungsindex mit Eindringen in diese Grenzschicht kontinuierlich ändert – ausgehend von dem der umgebenden Luft bis hin zu dem des eigentlichen Materials der äußeren Augenschicht. Dieser allmähliche Übergang des Brechungsindex ist entscheidend dafür, dass einfallendes Licht so gut wie nicht reflektiert wird und daher fast vollständig in die Augen eindringen kann. „Damit das Ganze funktioniert, muss der Abstand zwischen den einzelnen Säulen deutlich kleiner sein als die Wellenlänge des einfallenden Lichts“, erklärt Diao.
Um das Prinzip zu imitieren, suchten die Wissenschaftler nach Verfahren, die glatte Materialoberflächen in eine Nanosäulenlandschaft verwandeln. Dabei entwickelten sie einen zweistufigen Prozess. Im ersten Schritt scheiden sie auf der Oberfläche Goldpartikel in räumlich regelmäßigen Mustern großflächig ab, und zwar so gleichmäßig, dass die Goldpunkte den Knotenpunkten einer Wabenstruktur entsprechen. Im zweiten Schritt, einem chemischen Ätzprozess, dienen diese Metallinseln als Maske: Unterhalb der Goldpunkte wird kein Material weggeätzt, so dass die gewünschten säulenartigen Figuren stehen bleiben − und das auf Flächen von rund zwei mal zwei Zentimetern.
Schon in der Vergangenheit gab es mit dieser Technik erste Erfolge, allerdings nur für kurzwelliges UV-Licht und sichtbares Licht. Für längerwelliges nahes Infrarot-
Die Arbeitsgruppe verfeinerte daher ihr Verfahren. Dabei fanden die Forscher einen Weg, um die abgeschiedenen Goldinseln zu vergrößern. „Das hat es uns schließlich ermöglicht, den anschließenden Ätzprozess tiefer in das Material hineinwirken zu lassen“, sagt Diao. Den Forschern gelang es damit, Säulen bis zu einer Höhe von rund zweitausend Nanometern zu erzeugen. Die Technik ermöglicht es darüber hinaus sogar, die genaue geometrische Form der Nanosäulen zu beeinflussen − etwa, in welcher Weise der Durchmesser der Pfeiler von unten nach oben abnimmt, wie spitz sie also zulaufen. Dabei zeigte sich: Säulen, deren Durchmesser sich möglichst gleichmäßig verändert, sorgen später für die höchsten Transmissionswerte.
Die Wissenschaftler testeten diverse Säulenhöhen im Experiment. Dabei bestätigte sich: Je höher, desto größer war auch die Wellenlänge des Lichts, für das die beste Transmission erzielt wurde. Mit 1,95 Mikrometer hohen Säulen etwa lag das Transmissionsmaximum bei fast 2400 Nanometern und damit deutlich im NIR-
Hohe Transmission, einhergehend mit stark reduzierter Lichtreflexion – das sorgt auch für mögliche Tarnanwendungen, denn ein entsprechend behandeltes Material unterscheidet sich optisch praktisch nicht mehr von seiner Umgebung. Die Umrisse eines vor eine Kamera gehaltenen, quadratischen Quarzglas-
Zunächst erprobten die Forscher ihr Verfahren modellhaft an Quarzglas. Künftig wollen sie das Vorgehen aber auch an optischen Gläsern und an Saphir testen. Sollte sich die Methode auch dafür bewähren, dürfte dies vielfältige Einsatzmöglichkeiten eröffnen. „Ein wichtiges Gebiet wären ganz sicher Hochleistungslaser, die im infraroten Lichtbereich arbeiten“, sagt Diao. Gerade bei bestimmten Lasersystemen, bei denen das Licht zur Verstärkung immer wieder durch dasselbe optische Bauteil geschickt wird, summieren sich kleine Reflexionsverluste schließlich zu spürbaren Leistungseinbußen. Trifft derselbe Lichtstrahl fünfzig Mal auf eine Grenzfläche, an der 99,5 Prozent durchgelassen werden, gehen am Ende 23 Prozent der Energie verloren. Gelänge es, die Transmission auf 99,8 Prozent zu steigern, würde der Verlust nur noch zehn Prozent betragen. Speziell bei Laser-
Weitere Anwendungen könnten Linsen, Objektive oder auch Touchscreens sein. „Das Verfahren funktioniert nicht nur auf ebenen Flächen, sondern auch bei gebogenen Oberflächen“, so Diao. Das wäre insbesondere für Linsen wichtig, etwa im Kamera- oder Mikroskopie-
MPI-IS / RK