22.04.2016

Apps, die beim Lüften helfen

Einige Apps zeigen die relative Luftfeuchtigkeit an, andere berechnen, wie sich die Luftfeuchtigkeit beim Lüften einer Wohnung verändern würde.

Das Smartphone Galaxy S4 enthält einen nur 2 x 2 x 0,8 mm³ kleinen Halbleiterchip, der gleichzeitig Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit misst. Verwendet wird dafür ein Polymer, das Wassermoleküle aus der Luft aufnimmt und abgibt. Dabei ändert sich seine Dielektrizitätskonstante, was zu einer messbaren Kapazitätsänderung eines Kondensators führt. Die relative Luftfeuchtigkeit wird damit auf 2 bis 4 Prozentpunkte genau gemessen, was sich mit verschiedenen Apps nutzen lässt. Der Sensor des Smartphones kann sehr genau messen, besitzt aber eine große Trägheit.

Die in der Abbildung links gezeigte, sehr simple Anzeige-App gibt es im Google Play Store unter dem Namen „Temperatur Luftfeuchtigkeit K“.

Abb. Links: Anzeige der App „Barometer Thermometer und Hygrometer“ (in Google Play Store unter dem Namen „Temperatur Luftfeuchtigkeit K“). Rechts: Screenshot der App „LuftFeuchteRechner“.

Die relative Luftfeuchtigkeit hat neben Lufttemperatur und Luftbewegung eine große Auswirkung auf unser Wohlbefinden, meist wird für Wohn- und Büroräume eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 % empfohlen. In gut beheizten und stark belüfteten Räumen sinkt die Luftfeuchtigkeit im Winter zu weit ab, was beispielsweise bei älteren, windundichten Gebäuden auftritt. In modernen winddichten Wohnhäusern ohne Lüftungsanlage ist dagegen die Luftfeuchtigkeit eher zu hoch, so dass man häufig Fenster und Türen öffnen sollte, um Frischluft hineinzulassen. Die Kunst besteht also zumindest in modernen Wohnhäusern im richtigen Lüften.

Deshalb gibt es viele Apps, die dem Nutzer berechnen, welche Luftfeuchtigkeit nach dem Lüften im Innenraum herrscht. Hierzu zählen die Apps „Lüften“, „Luftfeuchtigkeit“, „LuftFeuchteRechner“ oder „Richtig Lüften“. Voraussetzung ist, dass man die relative Luftfeuchtigkeit draußen sowie die Lufttemperatur draußen und drinnen kennt. Hier wird die Annahme getroffen, dass die komplette Raumluft innen durch die Außenluft ausgetauscht wird, die sich wieder auf die Temperatur der ursprünglichen Raumluft erwärmt, ohne dass neue Feuchtigkeit hinzukommt oder verloren geht. Dies kann nur eine grobe Orientierung sein, da beispielsweise Oberflächen bei hoher Luftfeuchtigkeit Feuchtigkeit aufnehmen, die sie nach dem Lüften wieder abgeben.

Die Berechnung soll an zwei extremen Beispielen getestet werden. Ein leerer Kühlschrank mit trockenen, eisfreien Wänden hat eine Innentemperatur von 11 °C. Mit einem Gebläse wird versucht, die Luft vollständig gegen die Außenluft des Zimmers auszutauschen, die 23 °C und 42 % Luftfeuchtigkeit besitzt. Die Luft müsste im Kühlschrank laut Berechnung eine relative Luftfeuchtigkeit von 90 % annehmen (Abbildung rechts). Nach 20 Minuten Wartezeit zeigt das Smartphone aber eine relative Luftfeuchtigkeit von nur 52 % an. Dafür ist nun die sehr kalte Rückwand sehr nass. Der Luft wurde also durch Kondensation Wasser entzogen.

Bei einem Backofen wurde eine Innentemperatur von 50 °C eingestellt und anschließend versucht, mit einem Gebläse Luft vollständig gegen die Zimmerluft auszutauschen, die 24 °C und 41 % Luftfeuchtigkeit besitzt. Laut Berechnungen müsste die Luft im Ofen eine relative Luftfeuchtigkeit von 10 % annehmen. Nach ausreichender Wartezeit zeigt das Smartphone aber noch eine relative Luftfeuchtigkeit von 20 % an.Ursache für die Differenz ist wohl die Tatsache, dass nicht die gesamte Luft ausgetauscht war. Außerdem schließt der Backofen nicht luftdicht ab.

Für den praktischen Hausgebrauch ist die App „Richtig lüften“ besser geeignet. Nach Eingabe des Ortes und bei vorhandener Internetverbindung holt sich diese die Außentemperatur und die außen vorhandene Luftfeuchtigkeit von einer Wetterstation, sodass man keine Außenwerte selbst bestimmen muss. Außerdem wird die Luftfeuchtigkeit je nach Wohlfühleignung in grün, gelb oder rot angezeigt. Gibt man zusätzlich zu den drei zur Berechnung nötigen Werten auch noch die aktuelle Luftfeuchtigkeit im Inneren an, erhält man sogar eine Empfehlung, wenn man die Fenster geschlossen halten oder sie öffnen soll; im zweiten Fall sogar mit einer zusätzlichen Empfehlung der Lüftungszeit.

Außerdem kann die App den Nutzer nach der empfohlenen Lüftungszeit ans Fensterschließen erinnern. Im „erweiterten Modus“ wird der Taupunkt innen und außen angegeben und in der werbefreien Pro-Version zudem die Temperatur, bei der die Luftfeuchtigkeit 80 % beträgt, sowie die jeweilige absolute Luftfeuchtigkeit.

Thomas Wilhelm, Uni Frankfurt, Jochen Kuhn, TU Kaiserslautern

Der etwas ausführlichere Originalbeitrag ist in der jüngsten Ausgabe von Physik in unserer Zeit erschienen (Download nur frei mit Online-Abo).

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