29.11.2023

Asteroidenkraterseen als Klima-Archive

Faktoren für die chemische Entwicklung im Nördlinger Ries bestimmt.

Zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb hebt sich ein rundes, flaches Becken vom hügeligen Umland ab: das Nördlinger Ries. Vor knapp fünfzehn Millionen Jahren ist hier ein Asteroid eingeschlagen. Heute zählt der Einschlagkrater zu den geeignetsten Vergleichs­objekten für Asteroiden­krater auf dem frühen Mars. Das gilt besonders für die Ablagerungen des ehemaligen Kratersees. Sie sind von großem Interesse, seit die Nasa auf der Suche nach Spuren von Wasser­körpern und Leben Marskrater erforscht. Die chemische Entwicklung des damaligen Kratersees und seiner habitablen Bereiche ist aber nur teilweise geklärt. Nun haben Forschende unter Leitung der Universität Göttingen einen Teil der Vergangenheit aufgedeckt.

Abb.: Bohrkern der Bohrung 1003 vom Nördlinger Ries mit Lagen hellen Dolomits...
Abb.: Bohrkern der Bohrung 1003 vom Nördlinger Ries mit Lagen hellen Dolomits zwischen feinschichtigen dunklen Sedimenten des ehemaligen Kratersees.
Quelle: G. Arp, U. Göttingen

Die Forschenden untersuchten in einem Bohrkern ein als Dolomit bezeichnetes Gestein und ermittelten dort eine extreme Anreicherung mit dem Kohlenstoff-Isotop C-13. Dies ließ sich mit weiteren Untersuchungen auf eine Phase starker Methan­bildung durch Archaeen in Wasser mit geringem Sulfatgehalt zurückführen. Dagegen zeigten die Sedimente der vorhergehenden, ersten Phase des Kratersees deutliche Spuren von hohen Sulfat­gehalten und bakteriellem Sulfatabbau. Dieser Wechsel offenbart, dass sich die Wasserzufuhr in den See veränderte, als sich der Kraterboden abkühlte. 

Aufschluss über die chemischen Prozesse während der Ablagerung der Sedimente im Kratersee gab ein 250 Meter langer Bohrkern von 1981. Mit einer kombinierten sedimento­logischen, biogeochemischen und isotopen­geochemischen Untersuchung spürten die Forschenden einen markanten Abschnitt auf, den sie mit Biomarker-Analysen genauer untersuchten. So wiesen sie in älteren Gesteinen des Kratersees organische Biomarker, die von sulfat­reduzierenden Bakterien stammen, und normalen Dolomit nach. In jüngeren Gesteinen fanden sie mit C-13 angereicherten Dolomit und aus Archaeen stammendes Archaeol.

Die Eigenschaften der Gesteine spiegeln die Bedingungen im Kratersee während ihrer Bildung wider: Der Sulfatrückgang ist auf einen Abbau durch die Bakterien zurück­zuführen und die C-13-Anreicherung auf die Bildung von Methan durch Archaeen. „Diese chemische Entwicklung kann nur mit der Änderung der Grundwasser­zufuhr im Laufe der schrittweisen Abkühlung des Kraterbodens erklärt werden. So kam es zum Wechsel vom tiefen, hydrothermalen Grundwasser zum oberflächennahen, kühleren Karstwasser“, erklärt Gernot Arp von der Universität Göttingen.

Die Erkenntnisse geben nicht nur wichtige Hinweise auf die Entwicklung des untersuchten Kratersees, sondern darüber hinaus, wie Arp anmerkt: „Unsere Befunde zeigen, dass die Bedingungen in Asteroidenkraterseen stark von internen Prozessen wie Kraterboden­abkühlung und Wasserzufuhr gesteuert werden. Klimatische Veränderungen sind dagegen, anders als in vielen anderen Seen, nachrangig. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn Ablagerungen in terrestrischen und extra­terrestrischen Kratern als Klima-Archive genutzt werden, um aus den Sedimenten frühere Klima­verhältnisse abzuleiten.“

U. Göttingen / JOL

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