06.12.2024

Asymmetrien im flüssigen Wasser

Neue Einblicke in die Bindungen zwischen Wassermolekülen in der flüssigen Phase.

Eisberge schwimmen auf Wasser, vier Grad kühles Wasser sinkt auf den Grund: Wasser gibt mit seinen Anomalien auch heute noch Rätsel auf. Forschende um Johannes Hunger am Max-Planck-Institut für Polymer­forschung haben die Bindungen zwischen Wassermolekülen und seinen Nachbarn in der flüssigen Phase untersucht. Sie haben festgestellt, dass die Abstände zu benachbarten Molekülen nicht statistisch zufällig sind: Die beiden Wasserstoff­atome eines einzelnen Wassermoleküls bilden eine starke und eine schwache Bindung mit benachbarten Molekülen. Somit können sich kurzfristige Über­strukturen wie Ringe oder Ketten ausbilden.

Abb.: Die Bindungen zwischen benachbarten Wassermolekülen sind nicht rein...
Abb.: Die Bindungen zwischen benachbarten Wassermolekülen sind nicht rein zufällig verteilt: Neben einer starken Bindung ist eine schwache Bildung. Dies könnte ein Baustein sein, um Anomalien von Wasser zu erklären.
Quelle: MPI-P

Viele der besonderen Eigenschaften von Wasser beruhen auf den Wechsel­wirkungen zwischen den einzelnen Wassermolekülen – den Wasserstoff­brückenbindungen. Jedes Wasser­molekül kann zwei dieser Bindungen ausbilden – eine von jedem Wasser­stoffatom – und zwei von anderen, benachbarten Molekülen aufnehmen. Anders als in Eis, werden diese Bindungen in flüssigem Wasser im Schnitt eine Billion mal pro Sekunde gebrochen und wieder neu gebildet, so dass sich die Wassermoleküle dichter packen lassen und sich sehr schnell bewegen können. Durch die schnelle Bewegung der Wasser­moleküle in der Flüssigkeit könnte man vermuten, dass die Stärke der einzelnen Bindungen zu seinen Nachbarn rein zufällig ist. 

Das Team um Johannes Hunger hat jedoch festgestellt, dass die Wasserstoffbrücken nicht einfach zufällig ausgebildet werden, sondern je zwei Bindungen eines Moleküls unterschiedlich stark sind: Ist eine Bindung sehr stark – also das erste Nachbar-Wassermolekül sehr nah – ist die zweite Wasser­stoffbrücke schwach und das zweite Nachbar-Wasser­molekül weiter entfernt. Hierdurch ergibt sich in der eigentlich molekular ungeordneten Flüssigkeit eine Struktur: Hangelt man sich von einem Wassermolekül weiter zum nächsten und zum übernächsten, gibt es immer ein stark gebundenes Nachbarmolekül. Dadurch können in der Flüssigkeit Strukturen wie etwa Ringe oder Ketten aus Wasser­molekülen entstehen. 

Die Struktur von flüssigem Wasser ist somit nicht nur eine zufällige Anordnung von einzelnen Wasser­molekülen sondern folgt bestimmten Regeln. Die Forschenden haben, um zu diesen Ergebnissen zu gelangen, Wasser mit einem Lösemittel verdünnt, so dass sie einzelne, isolierte Wasser­moleküle untersuchen konnten. Mit Hilfe von Lasern haben sie einzelne Atome der Wasser­moleküle zum Schwingen gebracht und untersucht, wie sich die einzelnen Schwingungen gegenseitig beeinflussen. Somit konnten sie die Stärke einzelner Wasserstoff­brückenbindungen und gleichzeitig die Stärke der benachbarten Bindung vermessen. Die neue Studie trägt dazu bei, in Zukunft die Anomalien des Wassers auch auf molekularer Ebene umfassend zu verstehen.

MPI-P / JOL

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