Asymmetrische Erwärmung in molekularen Kontakten
Neues Messverfahren zeigt Zusammenhang zwischen elektrischen Transporteigenschaften und Wärmeentwicklung auf atomarer Skala.
Wo elektrischer Strom fließt, entsteht normalerweise Wärme. Das gilt auch für molekulare Kontakte, bei denen ein Molekül zwei Elektroden verbindet. Forscher in den USA haben mit einem neuen Messverfahren beobachtet, dass sich unter bestimmten Bedingungen an der einen Elektrode eines molekularen Kontaktes mehr Wärme entwickelt als an der anderen.
Abb.: Das Rastertunnelmikroskops ist zugleich ein Thermoelement. Die Temperaturdifferenz zwischen der Gold- und der Chromschicht im Innern der Spitze ist an der Thermospannung ablesbar. Eine Siliziumnitridschicht isoliert diese Doppelschicht gegen den Goldüberzug der Spitze und stellt zugleich eine gute thermische Verbindung her. (Bild: W. Lee et al. / NPG)
Bei fortschreitender Miniaturisierung der elektronischen Schaltkreise stellt sich die Frage, wie die Wärmeentwicklung in atomaren oder molekularen Kontakten von deren elektrischer Leitfähigkeit abhängt. Da in diesen Kontakten der Ladungstransport in erster Linie auf elastischen Prozessen beruht, sollte die Wärmeentwicklung grundsätzlich anders ablaufen als in ohmschen Widerständen, in denen inelastische Vorgänge dominieren. Man sollte sich also auf Überraschungen gefasst machen.
Und tatsächlich haben Pramod Reddy und seine Kollegen von der University of Michigan überraschende Beobachtungen gemacht, als sie die Wärmeentwicklung von molekularen Kontakten untersuchten. Dazu modifizierten sie die Spitze eines Rastertunnelmikroskops so, dass diese zugleich ein Thermoelement war, mit dem sie die Wärmentwicklung an der Spitze messen konnten. Im Innern der Spitze befanden sich zwei Schichten aus Chrom bzw. Gold, zwischen denen eine Thermospannung auftrat, wenn die Schichten unterschiedliche Temperatur hatten.
Diese Doppelschicht war durch eine 70 Nanometer dicke Lage aus Siliziumnitrid gegen den Goldüberzug der Mikroskopspitze elektrisch isoliert und zugleich mit ihm thermisch gut verbunden. Durch den Goldüberzug konnte ein elektrischer Strom zwischen der Spitze und einer darunter befindliche Goldunterlage fließen, wenn eine Spannung zwischen Spitze und Unterlage angelegt wurde.
Abb.: Je nach elektrischer Polung entsteht in der Spitze mehr oder weniger Wärme als in der Unterlage. Hier der Kontakt aus BDNC- Molekülen. (Bild: W. Lee et al. / NPG)
Die Forscher stellten einen molekularen Kontakt her, indem sie die Goldunterlage mit den gewünschten organischen Molekülen bedeckten, die Unterlage mit der Spitze berührten und diese dann langsam wieder zurückzogen. Dabei maßen sie kontinuierlich den elektrischen Strom zwischen Spitze und Unterlage. Diese Prozedur wiederholten sie 500 Mal. Befand sich genau ein Molekül zwischen Spitze und Unterlage, so blieb die Leifähigkeit dieses molekularen Kontaktes zunächst konstant, wenn die Spitze zurückgezogen wurde. Doch schließlich riss der Kontakt und die Leitfähigkeit nahm abrupt ab.
Bei ihren Experimenten verwendeten die Forscher die beiden Molekülsorten Benzoldiisonitril (BDNC) und Benzoldiamin (BDA), die für kleine Spannungen pro Molekül eine Leitfähigkeit von 0,002 G0 bzw. 0,005 G0 hatten, wobei G0=2 e2 / h = 1 / 12,9 kΩ das Leitfähigkeitsquantum bezeichnet. Zur Kontrolle stellten sie hundert reine Goldkontakte her, wobei die Spitze auf die unbedeckte Goldunterlage gesetzt und wieder zurückgezogen wurde. Hierdurch bildete sich zwischen Spitze und Unterlage eine Brücke aus Goldatomen. Diese atomaren Kontakte hatten im Mittel die Leitfähigkeit G0.
Abb.: Kontakte aus BDA-Molekülen zeigen genau entgegengesetztes Verhalten. (Bild: W. Lee et al. / NPG)
Floss ein Strom durch einen atomaren oder molekularen Kontakt, so entstand Wärme sowohl in der Spitze als auch am Kontaktpunkt in der Unterlage. Die Wärmeproduktion in der Spitze führte dort zu einem Temperaturgefälle, das die Forscher mit dem Thermoelement messen konnten. Da sich die gesamte Dissipation des Kontaktes anhand der gemessenen Stromstärke und Spannung berechnen ließ, konnten die Forscher auch die in der Unterlage produzierte Wärme ermitteln.
Beim Goldkontakt wurde in der Spitze genau so viel Wärme erzeugt wie in der Unterlage, und die Wärmeproduktion hing nicht von der Richtung des Stromes ab. Hingegen unterschieden sich bei den molekularen Kontakten die in der Spitze und in der Unterlage produzierten Wärmemengen deutlich. Beim BDNC-Kontakt entstand mehr Wärme in der Spitze als in der Unterlage, wenn der Strom von der Spitze in die Unterlage floss. Bei umgekehrter Stromrichtung kehrten sich die Verhältnisse um. Hingegen wurde beim BDA-Kontakt mehr Wärme in der Unterlage produziert, wenn der Strom in die Unterlage floss. Bei umgekehrter Stromrichtung wurde mehr Wärme in der Spitze produziert.
Wie die Forscher zeigen konnten, ließ sich die asymmetrische Wärmeerzeugung der molekularen Kontakte mit Landauers Theorie der atomaren Wärmeproduktion erklären. Hängt demnach die Transmission der elektrischen Ladungen durch den Kontakt stark von der Energie der Ladungen ab, so berechnet man für die Wärmeproduktion in der Spitze und in der Unterlage unterschiedliche Werte, die zudem von der Polung und damit von der Stromrichtung abhängen. Dagegen ist die Transmission beim Goldkontakt nahezu energieunabhängig, sodass es nicht zu einer asymmetrischen Wärmentwicklung kommt. Das gegensätzliche Dissipationsverhalten der BDNC- und BDA-Kontakte lässt sich darauf zurückführen, dass in BDA der Ladungstransport durch Löcher, in BDNC hingegen durch Elektronen stattfindet.
Die Forscher kommen zu dem Schluss, die Wärmeproduktion in atomaren und molekularen Kontakten stehe in engem Zusammenhang mit den Transmissionseigenschaften der Kontakte, wie es die Landauer-Theorie vorhersagt. Die gewonnenen Einsichten sollten sich auch auf andere Systeme übertragen lassen, in denen der Ladungstransport vorwiegend auf elastischen Prozessen beruht. Dazu zählen die Forscher Halbleiternanodrähte, zweidimensionale Elektronengase, Halbleiterheterostrukturen, Kohlenstoffnanoröhrchen und Graphen.
Rainer Scharf
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