30.04.2014

Atom und Molekül in Harmonie

Aromatische Verbindungen in Kombination mit Alkalimetallen als Quellen einzelner Photonen.

Ein Team des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung (MPIFKF) und der Universität Stuttgart hat erstmals eine Kommunikation zwischen Molekülen und Atomen angestoßen. Die Forscher brachten Moleküle dazu, einen Strom einzelner Photonen abzugeben. Die Moleküle wählten sie dabei so aus, dass die Farbe ihrer Emission auf die Absorption der Natriumatome abgestimmt war. Die Forscher entwickelten daher aus einer mit Natriumdampf gefüllten Glaszelle einen Filter, der Licht diese Farbe extrem gut abblockt und etwa für biologische Untersuchungen interessant ist. Zudem nutzten die Physiker die Gas-gefüllte Zelle, um den Photonenstrom zu bremsen und so für einige Nanosekunden zwischenzuspeichern. Das könnte etwa für die Quantenkommunikation interessant sein, die völlig neue Ansätze bei der Übertragung und Verarbeitung von Daten verfolgt.

Abb.: Die Forscher regen Moleküle mit einem orange-gelben Laser an, sodass diese einen Strom einzelner Photonen abgeben. Die Wellenlänge des Lichts entspricht derjenigen, die Natriumatome absorbieren und emittieren. (Bild: I. Gerhardt / MPIFKF)

Die Forscher haben ein Molekül dazu gebracht, einzelne Photonen auszusenden, die Atome aufnehmen können. Einzelne Photonen sind als Träger von Quanteninformation interessant, weil sie sich etwa durch Glasfasern übertragen lassen und ihr Quantenzustand nicht kopiert werden kann. Sie könnten dank eines Verfahrens namens Quantenkryptografie eine abhörsichere Kommunikation ermöglichen. „Unsere Einzelphotonen-Quelle ist um ein vielfaches heller als andere“, sagt Ilja Gerhardt vom MPIFKF. Denn die Moleküle der Stuttgarter Forscher geben pro Sekunde mehr als eine halbe Million Photonen, und damit 1000 Mal mehr ab als andere Quellen.

Die Moleküle leuchteten aber nicht nur besonders hell, sondern auch in einem besonderen Licht. „Wir haben ein Molekül dazu gebracht, mit der Wellenlänge eines Atoms zu strahlen“, sagt Ilja Gerhardt. Das hieß zunächst, passende Moleküle und Atome auszuwählen. So durchforstete Ilja Gerhardt die Fachliteratur danach, welche Atome und Moleküle Licht ungefähr gleicher Wellenlänge absorbieren und emittieren – sich also gut kombinieren lassen. Als geeignetes Paar identifizierte Ilja Gerhardt etwa die aromatische Verbindung Dibenzanthanthren und Natrium.

Allerdings geben nicht alle Moleküle Licht exakt derselben Farbe ab. Um eines zu identifizieren, das mit Natrium möglichst gut harmoniert, präparierten die Forscher zunächst eine Lösung der Moleküle. Diese verdünnten sie so stark, dass die Moleküle viel Platz zueinander hatten. Nun froren sie einen dünnen Film der Lösung bei 1,4 Kelvin ein. In dieser Kälte bewegen sich die Moleküle kaum noch, sodass sie Licht von sehr scharf eingegrenzter Wellenlänge aufnehmen und abgeben.

Auf die Probe strahlten die Forscher durch ein Mikroskop nun einen Laserstrahl mit der Farbe, die auch Natriumatome aufnehmen. Im Mikroskop sahen sie dann die Moleküle, die auf das orange-gelbe Licht ansprachen. Dabei wurden nur die Moleküle angeregt, die auch mit diesem Licht kommunizieren konnten. Wegen des Energieverlusts zwischen Absorption und Emission präsentierten sich die Moleküle in rotem Licht.

Im Strahl des anregenden Lasers gingen die roten Blitze der Moleküle jedoch unter. Daher filterten die Forscher das anregende Licht aus dem Strahl, der auf ihren Detektor fiel. Um ein einzelnes Molekül zu sehen, würde ein einfaches rotes Glas eigentlich genüt haben. Doch leider filterte das Glas auch einen Teil des roten Lichts und wirkte daher wie eine Sonnenbrille – viele Photonen gingen so verloren.

„Wir haben festgestellt, dass sich eine Zelle mit heißem Natriumdampf dafür viel besser eignet als kommerzielle Filter“, sagt Ilja Gerhardt. Der 155 Grad heiße Natriumdampf filtert nämlich sehr präzise nur das orange-gelbe Licht aus dem Strahl, während kommerzielle Filter immer auch etwas Licht seitlich davon abzwacken. Die Leuchtpunkte der Moleküle sind durch den Natriumdampf-Filter daher viel deutlicher zu erkennen als durch einen kommerziellen. „Unsere Entdeckung ist etwa für biologische Experimente relevant“, so Gerhardt. Biologen untersuchen die Prozesse in Zellen oft, indem sie Proteine mit leuchtenden Anhängseln versehen und diese mit Laserstrahlen anregen. Mit einem präziseren Filter könnten ihre Untersuchungen aussagekräftiger werden, weil sie die Signale, auf die sie es abgesehen haben, besser erkennen können.

Diese praktische Erkenntnis für Experimentatoren, die mit Lasern arbeiten, beruht jedoch nur auf einer der möglichen Varianten im optischen Zusammenspiel von Molekülen und Atomen dar. Eine Verständigung zwischen Molekülen und Atomen ist mit diesem Experiment noch nicht möglich, weil die Natriumatome für das rote Licht der Moleküle blind sind. Doch wenn Moleküle orange-gelbes Licht aufnehmen können, mit dem Natriumatome harmonieren, können sie dieses auch abgeben – die Forscher müssen ihr Experiment nur ein wenig modifizieren. Zu diesem Zweck wählten sie unter den Molekülen in der tiefgekühlten Lösungsmittel-Matrix zunächst eines aus, das im Wellenlängenbereich des Natriums strahlte.

Um nun das Licht herauszufiltern, welches genau mit der Natriumlinie übereinstimmt, nutzten die Stuttgarter Forscher einen Trick: Die Filterwirkung der Natriumdampf-Zelle lässt sich mit einem Magnetfeld nämlich umpolen. Dann lässt sie nur noch Licht der orange-gelben Farbe durch, die von den Natriumatomen gewöhnlich absorbiert wird. Die Forscher schickten die Blitze eines Moleküls also durch die umgepolte Natriumdampf-Zelle auf einen Fotodetektor. Wenn dieser nun anschlug, konnten sie sicher sein, dass das Molekül in Natriumwellenlänge strahlte. „Mit dem Molekül haben wir also eine brillante Einzelphotonen-Quelle gefunden, deren Licht wir auf die Absorption von Atomen einstellen können“, sagt Ilja Gerhardt.

Schließlich wiesen die Stuttgarter Forscher noch nach, dass die Natriumdampf-Zelle das Licht eines Moleküls zwischenspeichern kann. Das heißt, die Zelle bremste den Strom der einzelnen Photonen merklich. Das beobachteten die Forscher, als sie ein Molekül orange-gelbes Licht abgeben ließen, das sehr dicht an der Wellenlänge des Natrium-Lichts lag, aber mit ihr nicht identisch war. So konnte es die Natriumdampf-Zelle passieren. Mit einer Präzisionszeitmessung wiesen die Wissenschaftler nach, dass ein Photon erst mit sechs Nanosekunden Verzögerung aus der Natriumdampf-Zelle heraus kommt.

MPG / PH

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